Einer bevölkerungsbasierten Studie aus Südkorea zufolge [1] ist eine allergische Rhinitis mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung einer Parkinson-Erkrankung assoziiert – und das auch bei Menschen, die nicht rauchen, keinen Alkohol trinken und sich regelmäßig bewegen. Für Asthma bronchiale und atopische Dermatitis ergab sich eine ähnliche Tendenz, die aber nicht signifikant war.
Die Parkinson-Erkrankung („Parkinson´s Disease“, PD) ist die neurologische Erkrankung, deren Inzidenz weltweit am schnellsten zunimmt. Die Zahl der Patienten und Patientinnen hat sich zwischen 1990 und 2015 auf mehr als sechs Millionen verdoppelt. Da die genaue Krankheitsursache nicht bekannt und damit eine Heilung nicht möglich ist, hat die Identifizierung von Risikofaktoren hohe Priorität. Hinweise auf eine Assoziation mit Allergien gab es bereits, jedoch nur aus kurzandauernden kleineren Studien, die zudem den Lebensstil, der ebenfalls das PD-Risiko beeinflussen kann, nicht berücksichtigten.
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Seoul, Südkorea, haben nun in einer großen longitudinalen Studie retrospektiv Daten von fast 400.000 Personen aus der nationalen Gesundheitsversicherung ausgewertet, in der rund 98 % der Bevölkerung pflichtversichert sind [1]. Eingeschlossen wurden ab dem 1. Januar 2005 Personen ab 40 Jahren, die zuvor am ab dem 40. Lebensjahr zweimal jährlich angebotenen Gesundheits-Screening teilgenommen hatten. Das Follow-up dauerte bis zum Eintritt einer PD, bis zum Tod oder bis Ende 2019.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit Allergien – Heuschnupfen, Asthma bronchiale oder allergische Dermatitis – waren zu Studienbeginn im Durchschnitt 54,2 Jahre alt, solche ohne 55,6 Jahre.
Das neben vielen anderen möglichen Einflussfaktoren, unter anderem auch nach Nikotin- und Alkoholkonsum sowie körperlicher Aktivität, adjustierte PD-Risiko erhöhte sich bei Allergikerinnen und Allergikern gegenüber Menschen ohne Atopie insgesamt um 18 %. Der Unterschied war im Wesentlichen auf einen Heuschnupfen zurückzuführen mit einer Erhöhung des adjustierten PD-Risikos gegenüber Personen ohne allergische Rhinitis um 14 %.
Bei Personen, die nie geraucht hatten, keinen Alkohol konsumierten und regelmäßig Sport machten, war das PD-Risiko um 24 % erhöht, wobei bekannt ist, dass Raucherinnen und Raucher seltener einen Morbus Parkinson entwickeln. Ob mit einer Nikotinpflaster-Therapie das Fortschreiten der Krankheit im frühen manifesten Stadium verlangsamt werden kann, untersuchte kürzlich eine deutsch-amerikanische Studie [2], allerdings mit negativen Ergebnissen.
Wie die Autoren und Autorinnen ausführen, wird bei Menschen mit allergischer Rhinitis die Mikroglia im Bulbus olfactorius aktiviert. Das führt zu einer vermehrten Ausschüttung proentzündlicher Zytokine und kann so den Bulbus olfactorius schädigen. Ein möglicher pathophysiologischer Zusammenhang mit PD könnte darin bestehen, dass über die Riechbahn eine Neuroinflammation getriggert wird. Immerhin haben Menschen mit Morbus Parkinson häufig Riechstörungen, die der Erkrankung oft um viele Jahre vorausgehen. Interventionsstudien sind nach Einschätzung der Forschergruppe wichtig, um zu klären, ob eine langfristige Heuschnupfen-Behandlung das PD-Risiko verringern kann.
Literatur:
- Nam JY, Park SJ, Song J, Jeong S et al. Association of allergic disease with Parkinson’s disease: A nationally representative retrospective cohort study. Allergol Int. 2023 Aug 5: S1323-8930(23)00075-8
https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1323893023000758 - Oertel WH, Müller HH, Unger MM et al., the NIC-PD Study Group. Transdermal nicotine treatment and progression of early Parkinson’s disease. NEJM Evid 2023 August 22; 2 (9) DOI: 10.1056/EVIDoa2200311
https://evidence.nejm.org/doi/full/10.1056/EVIDoa2200311
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Neurologie
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