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Akuttherapie und Prophylaxe bei Migräne

Akuttherapie und Prophylaxe bei Migräne

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Erschienen in: neuro aktuell

Als häufigste neurologische Erkrankung stellt die Migräne ein wichtiges Thema im klinischen Alltag dar. Neben Fortschritten in der Prophylaxe gibt es auch neue Ansätze bei der Akuttherapie. Ein Update.

Ziel der prophylaktischen Therapie der Migräne ist, eine zentrale Sensitivierung und eine folgende Chronifizierung zu vermeiden, rief PD Dr. med. Charly Gaul, Frankfurt, in Erinnerung. Der Cut, wer eine Prophylaxe benötige, liege bei acht Kopfschmerztagen [1]. „Die Auswahl sollte individuell erfolgen und muss Leidensdruck, Komorbiditäten und Verordnungsvoraussetzungen berücksichtigen“, so Gaul. Ein wichtiger Bestandteil sei zudem eine adäquate Patienten-Edukation. Die Auswahl der Prophylaktika hat sich vergrößert – so können monoklonale Antikörper vermehrt eingesetzt werden. Besonders hervor hob Gaul den aktuellen Rote-Hand-Brief zu Topiramat: Hier wurde eine Teratogenität berichtet, weshalb Frauen im gebärfähigen Alter verpflichtet sind vor Therapiebeginn einen Schwangerschaftstest zu machen und hochwertige Verhütungsmethoden anzuwenden. Tritt eine Schwangerschaft ein, muss die Migräneprophylaxe abgebrochen werden.

Monoklonale Antikörper gegen CGRP und CGRP-Rezeptoren sind in der Migränetherapie wirksam bei schnellem Wirkeintritt und guter Verträglichkeit. Bei Therapieversagen oder Nebenwirkungen kann ein Switch der Antiköper sinnvoll sein, wie Studiendaten zeigen [2]. Für schwer Betroffene scheint eine Kombination aus Antikörpern und Botulinumtoxin eine Option zu sein, die jedoch mit gewissen Kosten verbunden ist, berichtete Gaul. Derzeit werden in klinischen Studien PACAP-Antikörper für die Migräne-Prophylaxe untersucht.

Die neue Leitlinie zur Therapie der Migräneattacke empfiehlt nach wie vor die Kaskade von NSAR, gefolgt von Triptan, und letztlich die Kombination aus beidem, berichtete Dr. med. Robert Fleischmann, Greifswald [3]. Bei NSAR zählen Naproxen und Metamizol zu den beliebtesten Substanzen [4]. Triptane sind NSAR in der Wirksamkeit überlegen, hinsichtlich der subjektiv berichteten Patientenzufriedenheit ist es jedoch andersherum [4]. Bezüglich einer Non-Response auf Triptane bei einer Attacke sei zum einen ein Zeitfenster von zwei Stunden bis Wirkeintritt zu berücksichtigen. Zudem empfehle sich ein Wechsel auf ein anderes Triptan bzw. der Verabreichungsform [5]. Insbesondere bei berichteter Übelkeit sollte eine Gastroparese bedacht und eine nasale bzw. subkutane Gabe probiert werden, empfahl der Experte.

Neue Therapieoptionen stellen Ditane und Gepante dar. Gepante seien laut Leitlinien im direkten Vergleich mit Triptanen und Ditanen eher wenig wirksam [3]. Bei Triptanversagen erwies sich Lasmiditan als wirksam [6]. „Mit den bestehenden Therapieoptionen sind wir gut aufgestellt, weitere Targets werden bereits untersucht“, so Fleischmann.

Martha-Luise Storre

Literatur:

  1. Rosignoli C et al. Applying a biopsychosocial model to migraine: rationale and clinical implications . J Headache Pain 2022;23:100
  2. Overeem LH et al. Effect of antibody switch in non-responders to a CGRP receptor antibody treatment in migraine: A multi-center retrospective cohort study. Cephalalgia 2022;42:291–301
  3. Diener HC, Förderreuther S, Kropp P. et al., Therapie der Migräneattacke und Prophylaxe der Migräne, S1-Leitlinie, 2022, DGN und DMKG, in: Deutsche Gesellschaft für Neurologie (Hrsg.), Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie. Online: www.dgn.org/leitlinien (abgerufen am 09.11.2023)
  4. Ruscheweyh R et al. Triptan non-response in specialized headache care: cross-sectional data from the DMKG Headache Registry. J Headache Pain. 2023 Oct 10;24(1):135.
  5. Sacco S et al. European Headache Federation (EHF) consensus on the definition of effective treatment of a migraine attack and of triptan failure. J Headache Pain. 2022 Oct 12;23(1):133
  6. Reuter U et al. Lasmiditan efficacy in the acute treatment of migraine was independent of prior response to triptans: Findings from the CENTURION study. Cephalalgia. 2022;42(1):20–30

Quelle: Wissenschaftliches Symposium „Medikamentöse und nicht-medikamentöse Kopfschmerzbehandlung“ im Rahmen des DGN-Kongresses am 9. November 2023 in Berlin

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