Startschuss für den 58. DDG-Kongress 2024 in Berlin
Startschuss für den 58. DDG-Kongress 2024 in Berlin
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Erschienen in: diabetes heute
Am 08. Mai 2024 beginnt in Berlin der diesjährige DDG-Kongress mit dem Motto „Diabetes. Umwelt. Leben. Perspektiven aus allen Blickwinkeln“. Im Rahmen einer digitalen Vorab-Pressekonferenz zu der in zwei Wochen stattfindenden 58. Jahrestagung der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) in Berlin stellte der diesjährige Kongresspräsident Prof. Dr. med. Baptist Gallwitz das Kongressmotto sowie ausgewählte Highlights und Neuerungen vor.Prof. Dr. med. Andreas Fritzsche, amtierender Präsident der DDG, äußert sich in dem Rahmen kritisch zu dem geplanten Krankenhausverbesserungsgesetz (KHVVG).
Prof. Gallwitz möchte mit dem Motto viele Diskussionsansätze bieten, um die Volkskrankheit Diabetes aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten und auf die steigende Prävalenz aufmerksam zu machen. Die hohe Dunkelziffer an Betroffenen, die von ihrer Diabetes nichts wissen, von 1 bis 2 Millionen zeige die Wichtigkeit von Maßnahmen zur Früherkennung. So können spätere Komplikationen und Begleiterkrankungen verhindert werden.
Prof. Gallwitz und seine Kollegin Prof. Dr. rer. nat Cora Weigert haben den Kongress inhaltlich gestaltet und dabei folgende Schwerpunkte gesetzt:
Blickwinkel Bewegung, Ernährung, Umwelt – was ist präventiv, was ist diabetogen?
Alles im Blick – molekulare und mechanistische Grundlagen des Diabetes
Künstliche Intelligenz. Digitalisierung. Technologie. – Weitblick für Forschung und Versorgung?
Die Grundlagen- und die klinische Forschung im Bereich Diabetes ist in Deutschland sehr erfolgreich, unter anderen an den 5 Standorten des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD). Um diesen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern einen „Marktplatz“ zu bieten, gibt es einen entsprechenden Themenschwerpunkt. Seit langem gibt es wieder ein Gastland auf dem DDG-Kongress, in diesem Jahr ist das Dänemark. Die Organisatoren haben persönlich oft und effektiv mit dänischen Kolleginnen und Kollegen zusammengearbeitet und wollen diesen Austausch vertiefen und den Teilnehmenden in besonders gekennzeichneten Symposien zugängig machen. Ein Highlight für Prof. Gallwitz ist das Werner-Creutzfeldt-Symposium am Samstag, bei dem bspw. der dänische Professor Jens Holst (ein von 20 dänischen Teilnehmenden) zu der Entwicklung der Inkretin-Therapie sprechen wird.
Ein Großteil der Diabetologinnen und Diabetologen in Deutschland ist über 50 Jahre alt. Wir müssen uns Gedanken über die Zukunft machen.
Prof. Baptist Gallwitz
Ein weiterer Schwerpunkt des Kongresses soll auf dem Nachwuchs liegen, die AG Nachwuchs der DDG war explizit im Programmkomitee vertreten. Dazu wurden auch über 120 Stipendien für den kostenfreien Besuch des Kongresses an Studierende sowie junge Assistenzärztinnen und -ärzte vergeben. Der größte Fachkongress im deutschsprachigen Raum ermöglicht den Austausch mit Expertinnen und Experten der Grundlagenforschung, der Gesundheitspolitik, der Industrie sowie mit Betroffenen, die u.a. durch die Patientenorganisation DiabetesDE vertreten sind.
Laut Gallwitz ist die DDG ein Treiber der Digitalisierung und vor dem Hintergrund der aktuellen Kritik an den zu langsam ablaufenden Prozessen im Gesundheitswesen, möchte man auf dem Kongress alle Akteure zusammenbringen. Im Fokus der Diabetologie stehen u.a. die elektronische Patientenakte und die Diabetesdaten.
Spannungsfeld Patientenwohl und Gesundheitsökonomie
Jedes Jahr werden auf dem DDG-Kongress in Symposien auch gesundheitspolitische Themen diskutiert. Dieses Jahr lautet das Thema „Krankenhausreform und Krankenhaustransparenzgesetz: Chancen und Risiken“. Der amtierenden DDG-Präsident Prof. Andreas Fritzsche findet dazu in der Pressekonferenz klare Worte.
Die Mensch mit Diabetes darf in dieser Krankenhausreform nicht unter die Räder kommen.
Prof. Andreas Fritzsche
Nach der Meinung von Fritzsche wird gegenwärtig in der Debatte zu viel über Ökonomie und Geld gesprochen und zu wenig um die Medizin, die in die Hände der Ärztinnen, Ärzte und Pflegefachkräfte. Die medizinischen Fachgesellschaften müssen in den Prozess der Leistungsdefinition und -bewertung von Krankenhäusern einbezogen werden, um für die Betroffenen einen qualitativ hochwertige und sichere Therapie zu gewährleisten. Laut Fritzsche ist bedenklich, dass das KHVVG vor allem auf den Schreibtischen von Gesundheitsökonomen geplant wird. So kann man, laut des DDG-Präsidenten, den Anforderungen an einen patientenorientierten und nachhaltigen Strukturwandel in der Krankenhauslandschaft nicht gerecht werden.
Es sei nicht akzeptabel, dass die kompetente und leitliniengerechte Versorgung von etwa 9 Millionen Menschen mit Diabetes auch mit dem KHVVG wohl nicht flächendeckend sichergestellt sein wird. Die DDG appelliert an die Politik, dass die „sprechende Medizin“ – die für die Versorgung von Menschen mit Diabetes unerlässlich ist -in der Vordergrund rückt und nicht länger im Schatten von Apparate-, Prozeduren- und Fallpauschalenmedizin steht.
Versorgungsqualität erwächst aus Fachkompetenz und diese muss adäquat finanziell sowie personell gefördert werden.
Prof. Andreas Fritzsche
Die DDG fordert daher vom KHVVG:
Eine strukturierte Diabeteserkennung und -versorgung in allen Krankenhäusern sicherstellen, unterstützt durch DDG-zertifizierte Versorgungsstrukturen und umfassende Fort- und Weiterbildung (Krankenhausatlas).
Besonderer Schutz für vulnerable Gruppen, einschließlich Kinder, multimorbide ältere Menschen mit Diabetes und Menschen mit Typ-1-Diabetes, durch spezialisierte Pflege und zeitintensive ärztliche Betreuung.
Eine gesicherte Finanzierung von zertifizierter nachgewiesener Versorgungsqualität, indem Krankenhäuser mit Diabetesbehandlungsstrukturen finanzielle Zuschläge erhalten.
Der Bundesgesundheitsminister Lauterbach fordert für deutsche Krankenhäuser eine Spitzenmedizin. Prof. Fritzsche betont, dass Deutschland auch eine Spitzen-Diabetologie braucht und unterstreicht seine Aussage mit Beispielen aus dem klinischen Alltag im Bereich der Diabetologie. Eine Spitzen-Stroke-Unit hilft einem Betroffenen mit neurologischen Symptomen, ähnlich eines Schlaganfalles, nicht, wenn diesen eine Unterzuckerung zugrunde liegt. Wenn nach dem erfolgreichen Einsatz eines künstlichen Hüftgelenks die diabetologische Versorgung vernachlässigt wird, kann es zu Infektionen und nachfolgend zu einer Sepsis an dem neuen Hüftgelenk kommen und so das Ergebnis der technisch optimal ausgeführten OP zunichte machen. Laut Fritzsche ist eine Medizin direkt am Menschen wichtig. Zur Spitzenmedizin zählen auch Ernährungsberatung und Bewegungstherapie und nicht nur die hochtechnologisierte Abläufe.
Ein neues Symposiumsformat auf diesem Kongress ist die sogenannte Battle of Experts, bei der unterschiedliche Sichtweisen auf ein Thema und Perspektiven von Fachleuten in Form von Übersichtsvorträgen und Standpunkten mehrdimensional und weniger „schwarz-weiß“ wie bei klassischen Pro- und Kontra-Sitzungen beleuchtet werden. In der Eröffnungsveranstaltung wird Janis McDavid, der ohne Arme und Beine auf die Welt gekommen ist, zeigen, wie man Herausforderungen annehmen kann und kreative Lösungen finden und Ziele mutig verfolgen kann. Professor Giles Yeo aus Cambridge wird in der Eröffnungsveranstaltung über Appetit, Essverhalten und die Rolle des Gehirns sprechen. Im Rahmenprogramm sind traditionell der 5-Kilometer-Diabetes-Lauf und die DDG Night verankert. Die DDG Night wird dieses Jahr natürlich unter dem Motto „60 Jahre DDG“ stehen.
Autorin: Birgit Schulze
Informationen stammen aus: Vorab-Pressekonferenz 58. Jahrestagung der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG), 23. April 2024und der zugehörigen Pressemappe.
Lesen Sie gern auch unser Interview mit dem Kongresspräsidenten Prof. Baptist Gallwitz. Das finden Sie in der aktuellen Ausgabe von diabetes heute und zum in der Artikeldatenbank der mgo fachverlage.
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