Viele Praxismitarbeitende sind täglich mit unhöflichen Patienten konfrontiert. Manchmal entwickeln sich auch Konflikte, und mitunter kommt es zu verbalen Übergriffen. Wie können Sie Ihren Praxismitarbeitenden helfen, in solchen Situationen souverän zu reagieren?
Die Praxismitarbeitenden stehen an vorderster Front, wenn es darum geht, mit unzufriedenen und schwierigen Patienten umzugehen. Schließlich sind sie die ersten Ansprechpartner für Patienten. So gehört es zu ihren Aufgaben, für deren Zufriedenheit zu sorgen und den Praxisalltag reibungslos zu gestalten. Doch was, wenn Patienten zum Beispiel wegen langer Wartezeiten übermäßig verärgert sind und ihren Frust auf die Mitarbeitenden projizieren? Wenn sie ausfallend oder aggressiv werden?
Sie können Ihr Team darauf vorbereiten, solche Herausforderungen souverän zu meistern. Und Sie sollten dies tun, denn ein Praxisteam, das stets souverän reagiert, zahlt auf das Image-Konto der Arztpraxis ein. Es ist daher sinnvoll den Mitarbeitenden Strategien und Ansätze an die Hand zu geben, die sie in schwierigen Situationen unterstützen und stärken:
Killerformulierungen vermeiden
Machen Sie Ihren Praxismitarbeitenden klar, dass die Art und Weise des Kommunizierens beim Umgang mit schwierigen Patienten entscheidend ist. Beispielsweise gibt es bestimmte Phrasen, die zu Widerständen bei Menschen führen. „Ja, aber …!“ ist solch ein Klassiker. „Das geht nicht!“ und „Dafür bin ich nicht zuständig!“ ebenso. Solche Aussprüche sind Killerformulierungen, denn sie haben eine negative Wirkung und dienen in der Regel als Türöffner, wenn Patienten gereizt sind. Demzufolge gilt es, sie zu vermeiden und auf wertschätzende, wirkungsstarke Formulierungen zu achten.
Tipp für Praxismitarbeitende: Anstatt „Ja, ich verstehe Ihren Ärger, aber …!“ zu sagen, ist es besser, folgendermaßen zu reagieren: „Ja, ich verstehe Ihren Ärger – auf der anderen Seite …!“
Verständnis zeigen
Wichtig ist, dass das Verständnis fürs Gegenüber authentisch ist. Ist dies nicht der Fall, ist der Satz eine bloße Floskel – und Floskeln haben keine positive Wirkung! Dies gilt es, den Praxismitarbeitenden bewusst zu machen. Ein möglicher Ratschlag an dieser Stelle ist, sich in die Situation des Patienten hineinzuversetzen.
Auf die nonverbale Kommunikation achten
Ihre Praxismitarbeitenden sollten zudem wissen: Wenn sie etwas mit einem freundlichen Tonfall äußern und dabei lächeln, wirkt das positiver als mit einem schlecht gelaunten Unterton. Denn Wirkung erzeugt man immer auf zwei Ebenen: auf der verbalen und der non-verbalen Ebene. Der US-amerikanische Psychologe und Professor Albert Mehrabian hat herausgefunden, dass die reinen Worte nur sieben Prozent der Wirkung ausmachen, Stimme und Tonfall 38 % und die Körpersprache (Mimik und Gestik) 55 %.
Die Situation verdeutlichen
Nachdem die/der Praxismitarbeitende den Patienten sozusagen von seiner Insel abgeholt hat, gilt es, diesen auf die eigene Insel mitzunehmen. Das heißt: Die Situation in der Arztpraxis muss deutlich werden. Geben Sie Ihren Mitarbeitenden hierfür folgende Formulierung an die Hand: „Auf der anderen Seite haben wir zurzeit sehr viele Akut-Patienten, denen wir schnell helfen müssen!“ Im Anschluss gilt es, ein Einvernehmen in der Kommunikation herzustellen: „Ich kann Sie verstehen, dass das für Sie nicht befriedigend ist, doch im Moment kann ich keine bessere Lösung anbieten!“ Der Patient hat somit keine andere Wahl als das zu akzeptieren, was im Moment möglich ist.
Keine sinnlosen Diskussionen zulassen
Ausnahmen bestätigen jedoch die Regel: Manche Patienten wollen sich nicht vertrösten lassen. Entscheidend ist dann, dass Ihre Mitarbeitenden sich nicht auf Diskussionen einlassen. Erklärungen, warum und weshalb die Erwartungen des Patienten nicht erfüllt werden können, führen zu keinem guten Ergebnis und kosten bloß Zeit.
Raten Sie daher auf folgende Weise zu reagieren: „Ich möchte Ihnen gerne weiterhelfen, doch im Moment weiß ich nicht wie! …“ Die Praxismitarbeitende gibt somit einerseits zu, dass sie nicht weiß, wie sie weiterhelfen kann. Gleichzeitig behält sie in der Kommunikation die Führung, das Gegenüber muss ihr zwangsläufig folgen. Und bei alldem bleibt die Wertschätzung für den Patienten erhalten.
Diese Wertschätzung in Form von einer Lösungssuche gilt es auch im nächsten Schritt auszudrücken. Etwa so: „Mein Vorschlag ist, dass ich das mit der Chefin nachher bespreche, und wir informieren Sie so schnell wie möglich, wie wir weiter verfahren!“ Oder: „Ich schreibe Frau Dr./Herrn Dr. … eine Notiz – vielleicht hat sie/er noch eine andere Idee!“
Sie merken: Jetzt kommen Sie ins Spiel! Werden Sie an dieser Stelle einbezogen, ist das in der Regel zielführend und beendet weitere Diskussionen. Denn Sie erzeugen mit ihrer Autorität beim Patienten mehr Wirkung als Ihre Mitarbeitenden.
Selbstbewusst „Nein“ sagen
Insgesamt ist es beim Umgang mit schwierigen Patienten wichtig, „Nein“ sagen zu können. Vielen in helfenden Berufen fällt das schwer. Die Überzeugung, es allen recht machen zu müssen, ist bei ihnen stark ausgeprägt. Machen Sie Ihrem Team daher deutlich, dass sie – zum Beispiel mit nachfolgender Formulierung – Grenzen setzen dürfen: „Das geht definitiv nicht! Was ich Ihnen anbieten kann, ist …!“
Mit sympathischer Durchsetzungskraft agieren
Es gibt allerdings immer wieder Situationen, wo Patienten ein „Nein“ ignorieren beziehungsweise sich davon nicht beeindrucken lassen und ihre Vorstellungen um jeden Preis durchsetzen wollen. Ist dieser Punkt erreicht, sollte die entsprechende Mitarbeiterin mit sympathischer Durchsetzungskraft demonstrieren, dass sie Chefin der Anmeldung ist. Etwa so: Ich bin gerne für Sie da, doch das geht definitiv nicht!“
Umgang mit übergriffigen Patienten
Wird eine Patientin oder ein Patient laut oder spricht in einem Ton, der nicht akzeptabel ist, ist folgende Reaktion hilfreich: „Damit ich Ihnen helfen kann, möchte ich, dass wir ruhig und sachlich miteinander reden!“ Geben Sie Ihrem Team zudem folgenden Formulierungsvorschlag für den Fall einer Beleidigung an die Hand: „Ihre Bemerkung empfinde ich grob beleidigend. Ich erwarte, dass Sie mich nicht persönlich angreifen!“
Greifen Sie bei aussichtslosen Situationen ein!
Falls Patienten auch bei diesen Ansprachen keine Ruhe geben, sollten Ihre Praxismitarbeitenden wissen, dass sie Sie zur Hilfe holen dürfen. Ihre Aufgabe ist es dann, dem übergriffigen Patienten deutlich zu machen, dass Sie es nicht dulden, wenn Mitarbeitende laut angegangen werden. Ist der Patient oder die Patientin weiterhin nicht zu besänftigen, können Sie vom Hausrecht Gebrauch machen und einen Praxisverweis aussprechen. Das ist das stärkste einzusetzende Mittel bei Konflikten mit Patienten – und es sollte wirklich nur Ausnahmesituationen vorbehalten sein.“
Guideline für den Einsatz von Körpersprache und Stimme
Schwierige Gespräche im Stehen führen!
Im Sitzen ist die Kraft der Körpersprache eher klein. Zudem steht der Patient und ist deshalb schon in einer überlegeneren Position.
Lächeln, Blickkontakt halten und sich aufs Gegenüber fokussieren!
Wer abgelenkt, unkonzentriert oder gestresst ist, erzeugt weniger Wirkung, sein Gegenüber im eigenen Sinne zu führen.
Und: Mit einem Lächeln erzielt man per se eine positive Wirkung.
Mit herzlichem Tonfall sprechen!
Patienten reagieren auf einen herzlichen Tonfall mit hoher Wahrscheinlichkeit positiv.
Reicht der herzliche Tonfall für ein Ergebnis im eigenen Sinne nicht aus, ist verstärkte Stringenz
nötig!
Beispiel: „Das geht definitiv nicht!“ ist e1ine knappe Formulierung, die mit der entsprechenden Stringenz in der Stimme zu mehr Wirkung führt.
Autor: Dietmar Karweina
Berater, Trainer und Coach für Ärzte, Ärztinnen und Praxismitarbeitende
www.denpraxisalltagleichtermeistern.de
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