Allgemeinmedizin » Atemwege

»

Lungensport: Wer profitiert und wie sieht 
das Training aus?

© goodluz– stock.adobe.com

Lungensport: Wer profitiert und wie sieht 
das Training aus?

Fachartikel

Allgemeinmedizin

Atemwege

mgo medizin

mgo medizin

Autor

4 MIN

Erschienen in: Der Allgemeinarzt

Patienten mit chronischen Lungenkrankheiten wie Asthma und COPD­ ­leiden häufig unter Atemnot bei ­körperlicher Belastung. Die Meidung körperlicher Aktivitäten, der Verlust an Muskelkraft und Kondition sind die Folge.

Zunehmender Bewegungsmangel beeinträchtigt die Lebensqualität, z. B. dadurch, dass der betroffene Patient nicht mehr die Treppe zu seinem Nachbarn oder die Wegstrecke zum Supermarkt bewältigt – ein erheblicher Verlust an Lebensqualität, der auch zu sozialer Isolation und Depression beitragen kann.

Lungensport ist eine evidenzbasierte, gezielte und dosierte, der jeweiligen Krankheit angepasste Sport- und Bewegungstherapie. Ziele sind eine Zunahme der Belastbarkeit, insbesondere auch im Alltag, eine Erhöhung der (sozialen) Mobilität und eine Steigerung der Lebensqualität. Indikationen sind z. B. COPD, Asthma, Patienten mit Lungenfibrose, Lungenkarzinom in einer stabilen Phase der Erkrankung, pulmonaler Sarkoidose sowie Patienten nach Operationen im Bereich der Lunge.

Positive Effekte des Lungensports sind für die COPD mit einer Verbesserung der Funktion der Skelettmuskulatur, einer Steigerung von Belastbarkeit und Lebensqualität sowie möglicherweise auch der Lebenserwartung am besten belegt. Körperliches Training kann auch bei Patienten mit Asthma zur Verringerung der Asthma-Symptome, zur Besserung der Belastbarkeit, zur Steigerung der Lebensqualität und zur Verringerung der Morbidität beitragen. Vorsicht ist geboten bei Patienten mit allergischem Asthma. Hier sollte das Training nicht zu einer erhöhten Allergenexposition führen, z. B. durch Joggen an einem blühenden Kornfeld bei Allergikern gegenüber Getreidepollen. Falls bei Asthmatikern unter körperlicher Belastung eine bronchiale Obstruktion auftritt, kann dieser Bronchokonstriktion meist durch vorherige Inhalation eines kurz wirksamen Beta-2-Sympathomimetikums vorgebeugt werden. Die Basistherapie des Asthmas ist eventuell zu intensivieren.

Bei Patienten mit einer Hypoxämie in Ruhe oder unter Belastung sollte mithilfe der Messung der Sauerstoffsättigung (SO2) dafür gesorgt werden, dass die SO2-Sättigung unter Belastung nicht unter 90 % fällt. Gegebenenfalls kann dies durch Gabe von SO2 während des Trainings verhindert werden. Patienten mit Atemwegs- und Lungenkrankheiten sollten laut der aktuellen Empfehlungen für Sport und körperliches Training pro Tag mindestens 30 Minuten ein moderates körperliches Training absolvieren.

Aufbau einer Lungensportstunde

Die meist einmal/Woche stattfindenden Lungensporteinheiten a 60–120 min werden von speziell für Lungenkranke ausgebildeten Übungsleitern durchgeführt. Diese überprüfen zunächst die Befindlichkeit der Teilnehmer. Patienten mit frischen Infekten bzw. Instabilität ihrer Erkrankung sollten von der aktuellen Übungseinheit ausgeschlossen werden. Dann folgt eine Aufwärmphase mit Dehnübungen und Atemgymnastik. Daran schließt sich eine Hauptphase an, in der eine funktionelle Gymnastik zum Muskelaufbau bzw. als Kräftigungstraining in verschiedenen Ausgangspositionen sowie ein Ausdauertraining, z. B. als Intervalltraining mit Atemgymnastik, atemerleichternden Körperpositionen und Dehnübungen durchgeführt werden. Als Belastungsintensität wird ein Wert von 4–6 auf der Borg-Skala empfohlen.

Nach einer Überprüfung der Befindlichkeit kann sich eine Spielphase anschließen, bei der Spaß an der Bewegung und gruppendynamische Effekte im Vordergrund stehen. Anschließend erfolgt eine Abkühlphase mit Entspannungsübungen. Abschließend wird die Befindlichkeit überprüft und eventuell ein Heimprogramm besprochen. Die von den Krankenkassen finanzierten Lungensportgruppen sehen kein gerätegestütztes Training vor. Trainiert werden Kraft, Ausdauer, Flexibilität und Koordination.

Häufig finden sich die Teilnehmer von Lungensportgruppen auch außerhalb der wöchentlichen Sportstunden zusätzlich zu gemeinsamen Aktivitäten zusammen. Auch dies trägt zu einem besseren Leben mit der chronischen Lungenkrankheit bei. Lungensport sollte daher viel häufiger als bisher vom behandelnden Arzt verordnet und von chronisch lungenkranken Patienten genutzt werden.

Über das Register der Arbeitsgemeinschaft Lungensport in Deutschland (www.lungensport.org) kann der interessierte Arzt die seinem Standort nahen Lungensportgruppen finden, die in der Regel an einen Sportverein angeschlossen sind.

Zur Gründung einer Lungensportgruppe werden benötigt: ein Sportverein, der Mitglied beim ­Behindertensportverband des jeweiligen Bundeslandes ist oder wird, die passende Räumlichkeit zur Durchführung des Lungensports, lizenzierte Übungsleiter sowie Zertifizierung und Anerkennung der ­Lungensportgruppe, um mit den Kostenträgern abzurechnen.

Ein Arzt sollte als Ansprechpartner für den Übungsleiter zur Verfügung stehen. Die Anwesenheit eines Arztes ist jedoch im Unterschied zum Herzsport beim Lungensport nicht vorgeschrieben.

Autor: Prof. Dr. med. Heinrich Worth

Bildquelle:© goodluz – stock.adobe.com

Schlagworte zu diesem Beitrag

Weitere Beiträge zu diesem Thema

Aktuelle STIKO-Empfehlung zur Meningokokken-Impfung: Warum alles anders?

Fachartikel

Die STIKO empfiehlt seit Ende Oktober die MenACWY-Impfung bereits für ­Kinder ab zwölf Jahren. Als Zeitpunkt bietet sich hierfür die routinemäßige J1-Vorsorgeuntersuchung an. Die ­STIKO erhofft sich dadurch ­Populationseffekte, durch die auch ­ältere Menschen geschützt werden. ­
Bei der ACWY-Impfung für Kleinkinder sieht die STIKO dagegen keinen Handlungs­bedarf.

Allgemeinmedizin

Impfen und Infektionen

Beitrag lesen
Farbenfrohe Aquarellmalerei zeigt eine vielfältige Gruppe von Menschen am Internationalen Tag der Menschen mit Behinderung, am Tag der Behinderung, in der Welt auf Rollstühlen, am Tag der Autismusaufklärung und im Gesundheitswesen

Behandlung von Menschen mit Beeinträchtigungen – Teil 1

Fachartikel

Die medizinische Versorgung von Menschen mit schweren Beeinträchtigungen 
konfrontiert Fachpersonen regelmäßig mit komplexen ethischen Fragen. Im Zentrum steht die Entscheidung, welche Behandlungen gerechtfertigt und sinnvoll sind – ­insbesondere dann, wenn ...

Allgemeinmedizin

Psyche und Nerven

Beitrag lesen
elektronische patientenakte als grafik vor notebook

ePA: Was man jetzt 
beachten sollte

Praxiswissen

Seit Oktober 2025 muss die elektronische Patientenakte (ePA) gesetzlich verpflichtend eingesetzt werden.

Allgemeinmedizin

Sonstiges

Beitrag lesen