Adipositas ist nicht nur ein zentraler Risikofaktor für Typ-2-Diabetes, sondern auch für kardiovaskuläre Erkrankungen. Ein Forschungsteam unter der Leitung von PD Dr. Martin Mollenhauer von der Uniklinik Köln hat nun eine entscheidende Rolle des Enzyms Myeloperoxidase (MPO) bei der Entstehung von Gefäßschäden bei adipösen Menschen aufgezeigt. Die Ergebnisse, die im Fachjournal Cell Reports Medicine veröffentlicht wurden, legen nahe, dass die gezielte Hemmung von MPO eine innovative Therapieoption darstellen könnte.
MPO: Ein Schlüsselfaktor bei Gefäßschäden und Adipositas
MPO, ein von Immunzellen freigesetztes Enzym, ist bei adipösen Menschen in erhöhten Konzentrationen im perivaskulären Fettgewebe (PVAT) aktiv. PVAT, das die Arterien umgibt, spielt eine Schlüsselrolle bei der Regulierung der Gefäßgesundheit. Die Forschung zeigt, dass MPO in Adipositas …
- mit endothelialer Dysfunktion assoziiert ist: MPO-Werte korrelieren direkt mit dem Körpergewicht und der Verschlechterung der endothelialen Funktion. Dies wurde sowohl bei adipösen Patienten als auch in Mausmodellen bestätigt.
- entzündliche Prozesse und Immunzellinfiltration fördert: MPO aktiviert proinflammatorische Mechanismen im PVAT, was zu einer verstärkten Anhäufung von Immunzellen und einer Freisetzung entzündlicher Zytokine wie TNF-α und IL-6 führt. Diese Prozesse verschärfen die vaskuläre Dysfunktion.
- die Beiging von Fettgewebe hemmt: MPO unterdrückt die Umwandlung von weißem Fettgewebe in energieverbrauchendes beiges Fettgewebe durch die Hemmung der löslichen Guanylylcyclase (sGC-b1). Dies reduziert den Sauerstoffverbrauch und verschlechtert die metabolische Balance im PVAT.
- die Freisetzung von Adiponektin (APN) reduziert: APN, ein gefäßschützendes Hormon, wird durch MPO gehemmt. Dies verschlechtert die Gefäßgesundheit weiter, da APN eine zentrale Rolle bei der Verbesserung der endothelialen Funktion spielt.
Erkenntnisse aus Tiermodellen
In Mausmodellen wurde der Einfluss von MPO genauer untersucht:
- MPO-Mangel verbessert Gefäßfunktion: Mäuse ohne MPO zeigten eine signifikant bessere Gefäßfunktion, weniger Entzündungen im PVAT und eine erhöhte Beiging des Fettgewebes. Diese Veränderungen gingen mit einer erhöhten Freisetzung von APN und einer verbesserten endothelialen Funktion einher.
- Mechanismen der Dysfunktion: MPO fördert oxidativen Stress und die Produktion reaktiver Stickstoffspezies, was die Funktion der Gefäßwände beeinträchtigt. Die Hemmung von MPO führte zu einer Reduktion dieser schädlichen Prozesse und einer Verbesserung der vaskulären Elastizität.
Translationale Ansätze und klinische Relevanz
Die Forschung liefert auch erste Ansätze für eine mögliche therapeutische Anwendung:
- Präklinische Studien: In einer Studie mit dem MPO-Inhibitor 4-ABAH wurde gezeigt, dass die arterielle Steifigkeit bei adipösen Mäusen signifikant verbessert werden konnte. Dies unterstreicht das Potenzial der MPO-Hemmung als Therapieansatz.
- Klinische Studien: Erste klinische Untersuchungen, wie die Phase-2a-Studie mit dem MPO-Inhibitor AZD4831 bei Betroffenen mit Herzinsuffizienz, bestätigen die Sicherheit und Verträglichkeit der pharmakologischen MPO-Hemmung. Dies legt nahe, dass eine ähnliche Therapie auch bei adipösen Menschen mit kardiovaskulären Risiken getestet werden könnte.
Relevanz für Diabetologinnen und Diabetologen
Adipositas und Typ-2-Diabetes gehen häufig Hand in Hand, wobei beide Erkrankungen das Risiko für kardiovaskuläre Komplikationen erheblich erhöhen. Die gezielte Hemmung von MPO könnte nicht nur die Gefäßgesundheit verbessern, sondern auch die metabolische Dysfunktion bei adipösen Menschen positiv beeinflussen. In der Diabetologie könnte dies eine neue Möglichkeit darstellen, die Behandlung von Betroffenen mit Adipositas und Diabetes zu optimieren und langfristige kardiovaskuläre Schäden zu verhindern.
Fazit
Die Hemmung von MPO bietet eine vielversprechende Perspektive für die Behandlung von Adipositas-assoziierten kardiovaskulären Erkrankungen. Weitere klinische Studien sind notwendig, um diesen Ansatz zu validieren und die potenziellen Vorteile für Menschen mit Adipositas und Typ-2-Diabetes zu bestätigen.



