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McDonald-Kriterien 2024: Viel Positives, aber auch noch offene Fragen

McDonald-Kriterien 2024: Viel Positives, aber auch noch offene Fragen

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mgo medizin

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Erschienen in: neuro aktuell

Die 2024 vorgestellte Revision der McDonald-Kriterien 2017 zur Diagnose der Multiplen Sklerose (MS) soll vor allem eine frühere Diagnose ermöglichen. Auf der ECTRIMS-Jahrestagung 2025 wurden gleich in der ersten wissenschaftlichen Session die Erfahrungen vorgestellt.

Die neuen Diagnosekriterien spiegeln die Evolution des Krankheitskonzeptes der MS weg von einer rein klinischen Sichtweise wider, so Prof. Xavier Montalban, Barcelona.

Die zeitliche Dissemination ist kein Kriterium mehr, ebenso der Nachweis „typischer“ MS-Symptome. Zugleich wurde die räumliche Dissemination um die Nervus opticus-Region erweitert. Vergrößert wurde auch der paraklinische Diagnose-Baukasten, etwa durch die optische Kohärenztomographie (OCT) oder den Nachweis zentraler Venenzeichen (CVS) und/oder paramagnetischer Ringläsionen (PRL). Montalban: „Die MS ist keine Ausschlussdiagnose mehr!“

Eine spanische Studie verglich 326 Patientinnen und Patienten mit einer MS-Diagnose nach den McDonald-Kriterien 2024 oder 2017. Personen, die die 2024er Kriterien erfüllten, hatten eine um 43% höhere Wahrscheinlichkeit einer MS-Diagnose als jene, die nach den 2017er Kriterien diagnostiziert wurden waren (HR 1,43; p < 0,001). Die 2024er Kriterien führten außerdem zu früheren Diagnosen (Zeit bis zur Diagnose: 4,1 vs. 9,4 Monate). Ein vergleichbares Ergebnis ergab eine britische Studie. Alle Patientinnen und Patienten mit einer MS-Diagnose nach den 2017er Kriterien würden allerdings auch die 2024er Kriterien erfüllen, betonte Prof. Christine Lebrun-Frenay, Nizza.

Droht eine MS-Überdiagnostik?

Die McDonald-Kriterien 2024 erlauben erstmals eine MS-Diagnose asymptomatischer Patientinnen und Patienten mit Läsionen im MRT – wie etwa bei einem radiologisch isolierten Syndrom (RIS). Dieses Stadium wurde inzwischen gemäß dem Konzept der MS als Krankheitskontinuum in „präklinische MS“ umbenannt. Zeigen die Betroffenen neben MRT-Läsionen auch andere paraklinische Veränderungen, etwa CVS, können sie in den neuen Kriterien die Anforderungen für eine „incidental MS“ – RIMS – erfüllen, so Lebrun-Frenay.

Die MS-Diagnose bei asymptomatischen Patientinnen und Patienten, die vielleicht nie klinische Symptome entwickeln, hatte zuletzt Befürchtungen einer MS-Überdiagnostik ausgelöst. Das letzte Wort scheint hier aber noch nicht gesprochen. Die genauere Charakterisierung der RIS- bzw RIMS-Kohorte ist laut Lebrun-Frenay Gegenstand weiterer Studien: „Dies ist derzeit ein dynamisches Feld.“

Dr. Alexander Kretzschmar, München

Quelle: Scientific Session 1: „Impact of 2024 diagnostic criteria for MS“. 41. Jahrestagung des European Committee for Treatment and Research in Multiple Sclerosis (ECTRIMS) am 24. September 2025 in Barcelona.

Bildquelle: © Di – stock.adobe.com

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