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Fettleber ist nicht gleich Fettleber

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Erschienen in: Der Allgemeinarzt

Neue Erkenntnisse zur Heterogenität der metabolischen Dysfunktion-assoziierten steatotischen Lebererkrankung (MASLD) haben das Potenzial, die Vorhersage von Folgen und Behandlung der Fettleber zu verbessern.

Die metabolische Dysfunktion-assoziierte steatotische Lebererkrankung (MASLD) hat sich global zur Epidemie entwickelt. Fast 40 % der Erwachsenen und bis zu 10 % der Kinder haben eine MASLD. Mit Fettleibigkeit steigt der Anteil auf etwa 70 % bei Erwachsenen und 40 % bei Kindern. Die Folgen: MASLD, metabolische Dysfunktion-assoziierte Steatohepatitis (MASH) und MASLD-assoziierte Leberfibrose erhöhen das Risiko für Leberzirrhose und hepatozelluläres Karzinom. MASLD, MASH und Leberfibrose fördern auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Typ-2-Diabetes, chronische Nierenleiden und extrahepatische Krebsarten.

Drei metabolische Subtypen gefunden
Neue Erkenntnisse zur MASLD liefert jetzt eine Übersichtsarbeit1, in der das Autorenkollektiv um Prof.Norbert Stefan aus Tübingen ein heterogenes Spektrum von Ursachen in der Entstehung der MASLD beschreibt. Durch Untersuchung von Serum-Metabolom bei 1.154 Personen mit per Biopsie nachgewiesener MASLD und anhand eines hierarchischen Clustering-Algorithmus konnten drei metabolische Subtypen (A: 47 %; B: 27 %; C: 26 %) identifiziert werden. Einfach formuliert gibt es drei Hauptpathomechanismen, die sich unterscheiden:

MASLD mit Dominanz einer hepatischen genetischen Komponente
MASLD mit Dominanz einer metabolischen Komponente im Zusammenhang mit hepatischer De-novo-Lipogenese (Neuentstehung von Lipiden)
MASLD mit Dominanz einer metabolischen Komponente im Zusammenhang mit Dysfunktion des Fettgewebes

Keine identische kardiometabolische Anfälligkeit
„Das Wissen zur Heterogenität in der Pathogenese von MASLD ist ein wichtiger Schritt in Richtung Präzisionsmedizin“, betont Stefan. Für die künftige Risikovorhersage und Behandlung, insbesondere im Kontext kardiometabolischer Ursachen und Folgen der MASLD, könnten die Erkenntnisse von großem Nutzen sein. Bei Patienten mit Subtyp A sei das 10-Jahres-Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen -geschätzt mit dem Framingham-Risiko-Score- am geringsten. „Auch Serum-Triglyceride, Cholesterin, VLDL (very low density lipoprotein), small dense LDL und Rest-Lipoprotein-Cholesterin waren beim Subtyp A niedriger als bei den Subtypen B und C. Keine Unterschiede hingegen gab es bei der Insulinresistenz und dem HbA1c-Wert“, so der Leberspezialist. Nicht jeder Patient habe also die gleiche Anfälligkeit für kardiometabolische Erkrankungen. Es gebe unterschiedliche Risikofaktoren in allen drei Patientengruppen: bei MASLD mit einer dominanten Komponente metabolischer Faktoren, bei MASLD mit dominanter Komponente von hepatischen genetischen Faktoren und erwartungsgemäß -da sich eins vom anderen nicht ausschließt- bei MASLD mit Merkmalen beider Faktoren.

Potenzial für bessere Risikovorhersage und Therapie
Inwiefern Patientinnen und Patienten auf neue MASLD-Therapeutika ansprechen, müsse noch weiter untersucht werden, sagt Stefan. Aktuell werde z.B. der Nutzen von GLP-1-Rezeptoragonisten und Inkretin-Co-Agonisten bei MASH und Fibrose Grad 2/3 geprüft. Diese Präparate wirken vor allem über eine Reduktion der Körperfettmasse. Der Schilddrüsenhormon-ß-Rezeptoragonist Resmetirom wurde in den USA bereits zur Therapie der MASH und Fibrose Grad 2/3 zugelassen und hat keinen Einfluss auf die Körperfettmasse. Das Präparat Lanifibranor, ein Agonist an allen drei Isoformen des Peroxisom-Proliferator-aktivierten Rezeptors (PPAR), PPARα, PPARδ und PPARγ, ist ebenfalls effektiv zur Therapie der MASH und Fibrose Grad 2/3, allerdings über eine Zunahme der stoffwechselgesunden Unterhautfettmasse. Dies könnten Optionen sein, um die Progression von Lebererkrankungen aufzuhalten. „In jedem Fall bietet eine Charakterisierung von Patienten anhand der ihnen zugrundeliegenden Mechanismen die Chance, dass Therapien erleichtert werden, die genau auf diese Mechanismen ausgerichtet sind.“

Das Wissen zur Heterogenität der MASLD könnte eine bessere Risikovorhersage und individualisierte Behandlung ermöglichen, sind sich die Autoren der Übersichtsarbeit einig. Nicht zeitnah, aber künftig werden Forscher zudem in der Lage sein, Programme zur Lebensstiländerung und Medikamente für die jeweiligen Subtypen auf der Grundlage der verschiedenen Aspekte dieser Krankheit zu entwickeln.

Quelle: Stiftung DHG (Diabetes I Herz I Gefäße) in der Deutschen Diabetes Stiftung

Originalpublikation: Stefan N, Yki-Järvinen H, Neuschwander-Tetri BA. Metabolic dysfunction-associated steatotic liver disease: heterogeneous pathomechanisms and effectiveness of metabolism-based treatment. The Lancet Diabetes & Endocrinology, Published Online
December 13, 2024, https://doi.org/10.1016/S2213-8587(24)00318-8

Bildquelle©: Rasi – stock.adobe.com

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