Langfristige Nebenwirkungen und Spätfolgen verschiedener Krebstherapien waren das Thema einer Schnittstellen-Sitzung anlässlich des Krebskongresses in Berlin.
Prof. Dr. Jalid Sehouli, Berlin, ging auf die Notwendigkeit ein, systematisch über operative Komplikationen aufzuklären, ein. Neben dem Vorsatz, möglichst immer Nervengewebe-schonend zu operieren, müsse u. a. auch eine kritische Diskussion über adjuvante Therapien geführt werden. Zudem seien prospektive Studien zu Langzeitfolgen mit dem Fokus auf Lymphödeme und Polyneuropathien bzw. Auswirkungen auf Darm, Blase, Sexualität und Lebensqualität wichtig.
Bei einer Strahlentherapie sind deterministische Effekte für akute und späte Nebenwirkungen verantwortlich, wie Prof. Dr. Wilfried Budach, Düsseldorf, erläuterte. Die Folgen hingen von der Gesamtdosis, der Dosis pro Fraktion und dem bestrahlten Volumen ab und könnten auch noch nach über 20 Jahren auftreten. Moderne Bestrahlungstechniken trügen jedoch zu einer deutlichen Verringerung von Spätfolgen bei. Stochastische Effekte führten zu der Induktion von Zweittumoren, die selten seien und wenn überhaupt überwiegend im mittleren Dosisbereich in der Nähe des hochdosiert bestrahlten Volumens aufträten, so Budach.
Begrenzte Datenlage
Immuncheckpoint- und VEGF-Inhibitoren können zu einer klinisch bedeutsamen Langzeittoxizität mit Einfluss auf die Lebensqualität führen. Eine chronische Immuntoxizität könne Dr. Antonia Busse, Berlin, zufolge prinzipiell jedes Organ treffen, am häufigsten seien rheumatische Nebenwirkungen oder Endokrinopathien. Ein intensives Monitoring und die Behandlung renaler und kardiovaskulärer Nebenwirkungen zur Verhinderung von Langzeittoxizitäten seien bei der Antiangiogenese relevant, allerdings sei die Datenlage dazu bislang begrenzt.
Dr. Florian Heitz, Essen, erklärte, dass die meisten Nebenwirkungen einer PARP-Inhibitor-Therapie zu Beginn der Therapie auftreten. Unter symptomatischer Therapie oder Dosisreduktion seien sie jedoch gut zu behandeln. Schwere Nebenwirkungen, wie das Myelodysplastische Syndrom (MDS) oder die Akute Myeloische Leukämie (AML), seien zwar selten, könnten aber sowohl im Verlauf der PARP-Inhibitor-Therapie als auch danach vorkommen. Unklar sei weiterhin, ob es zwischen MDS/AML und der Behandlung tatsächlich einen Zusammenhang gibt und warum Patientinnen mit BRCA-Mutation ein höheres MDS/AML-Risiko haben.
Anne Göttenauer
Quelle: 35. Deutscher Krebskongress (DKK) 2022, 13.-16.11.2022 in Berlin; Schnittstellen-Sitzung „Langzeitnebenwirkungen bei Krebs“, 15.11.2022
Bilderquelle: © Africa Studio – stock.adobe.com



