Der „Tag der seltenen Erkrankungen“ (Rare Disease Day) wurde erstmals am 29. Februar 2008 in Europa und Kanada begangen. EURORDIS, eine nicht-staatliche Allianz von Patientenorganisationen, wählte bewusst den 29. Februar, da dieser der seltenste Tag im Kalender ist und somit symbolisch für seltene Erkrankungen steht. In Nicht-Schaltjahren wird der Tag am 28. Februar begangen. Das Hauptziel dieses Gedenktages ist es, das Bewusstsein für seltene Erkrankungen zu schärfen und die Öffentlichkeit sowie politische Entscheidungsträger auf die Herausforderungen aufmerksam zu machen, denen Menschen mit seltenen Krankheiten gegenüberstehen. Der Tag unterstützt die Forderung nach besserer sozialer Chancengleichheit und einem gleichberechtigten Zugang zu Gesundheitsversorgung, Diagnosen und Therapien.
Seltene Erkrankungen in Deutschland
In Deutschland und weltweit sind Millionen von Menschen von seltenen Erkrankungen betroffen. Der Tag dient dazu, die medizinischen und gesellschaftlichen Bedürfnisse dieser Menschen hervorzuheben und die Forschung sowie die Entwicklung neuer Therapien zu fördern. Die kontinuierliche Unterstützung durch internationale Gemeinschaften und Organisationen hat dazu beigetragen, dass der Tag der seltenen Erkrankungen ein wichtiger Bestandteil der Gesundheitsagenda geworden ist.
Diabetes mellitus umfasst ein breites Spektrum
Diabetes mellitus ist eine chronische Stoffwechselerkrankung, die durch einen dauerhaft erhöhten Blutzuckerspiegel gekennzeichnet ist. Diese Überzuckerung entsteht aufgrund einer gestörten Aufnahme von Glukose in die Körperzellen. Aktuell sind laut der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) knapp 9 Mio Menschen in Deutschland betroffen, und jährlich erkranken mehr als eine halbe Million Menschen neu an Diabetes. Neben den häufig vorkommenden Formen wie Typ-1- und Typ-2-Diabetes sowie Schwangerschaftsdiabetes existieren auch seltene Varianten, die unter den Begriffen „sekundäre Diabetesformen“ oder „sonstige Diabetes-Typen“ zusammengefasst werden. In Deutschland haben laut der DDG etwa 95 Prozent der Menschen mit Diabetes einen Typ-2-Diabetes, der häufig im höheren Alter auftritt und durch ungesunde Lebensgewohnheiten begünstigt wird. Typ-1-Diabetes, eine Autoimmunerkrankung, betrifft etwa 340 000 Erwachsene und 37 000 Kinder und Jugendliche und jährlich mehr als 3000 Kinder und Jugendlich bis 17 Jahre neu. Die restlichen Fälle bestehen aus Schwangerschaftsdiabetes (ca. 50 000 Frauen jährlich) und seltenen Diabetesformen. Letztere resultieren aus verschiedenen Ursachen, darunter genetische Defekte, Infektionen, Medikamente, hormonelle Störungen oder Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse. Laut der International Diabetes Federation (IDF) machen seltene Formen von Diabetes etwa 1,5-2% der gesamten Diabetesfälle aus. Diese seltenen Typen umfassen eine Vielzahl von Kategorien und stellen trotz ihrer geringeren Häufigkeit eine erhebliche gesundheitliche Bedrohung dar. Es bedarf eine präzisen Diagnose und einer individuellen Therapie.
Seltene Diabetesformen
Eine dieser seltenen Formen ist der MODY-Diabetes (engl.: Maturity onset diabetes of the young), der durch genetische Veränderungen verursacht wird, die die Funktion der insulinproduzierenden Betazellen der Bauchspeicheldrüse beeinträchtigen. Weitere genetische Anomalien, wie das Down-Syndrom oder Lipodystrophien, tragen ebenfalls zur Entwicklung von Diabetes bei. Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse, wie chronische Entzündungen oder Mukoviszidose, führen zu einer Beeinträchtigung der Insulinproduktion und damit zu einem Anstieg des Blutzuckerspiegels. Hormonelle Störungen, etwa eine übermäßige Produktion von Kortisol, beeinflussen den Zuckerstoffwechsel erheblich und tragen zur Entstehung von Diabetes bei. Auch bestimmte Medikamente, darunter Kortison-Präparate oder Betablocker, haben das Potenzial, Diabetes auszulösen. Oftmals bildet sich die Erkrankung nach Absetzen der Medikamente zurück, es sei denn, die Betazellen der Bauchspeicheldrüse sind irreversibel geschädigt. Infektionen mit bestimmten Viren, wie Hepatitis- oder Mumps-Viren, erhöhen ebenfalls das Risiko für die Entwicklung von Diabetes. Schließlich gibt es seltene autoimmunvermittelte Formen des Diabetes, wie das „Stiff-Person“-Syndrom oder Diabetes durch „Anti-Insulinrezeptor-Antikörper“, die die Insulinproduktion oder -wirkung beeinträchtigen und zu einem erhöhten Blutzuckerspiegel führen.
Double Diabetes
Eine weitere seltene Erkrankung im Bereich der Diabetologie ist der sogenannte Double Diabetes. Menschen mit Typ-1-Diabetes (Insulinmangeldiabetes) entwickeln im Laufe ihres Lebens zunehmend eine Insulinresistenz, ähnlich wie beim Typ-2-Diabetes. Betroffene bemerken, dass das Insulin nicht mehr effektiv wirkt und immer höhere Dosen erforderlich sind. Die Obergrenze von 100 Einheiten Insulin pro Tag wird erreicht, und Überzuckerungen treten vermehrt auf. Dadurch entsteht ein Doppel-Diabetes, der mit erheblichen gesundheitlichen Risiken verbunden ist. Das Risiko für eine koronare Herzkrankheit verdreifacht sich, das Risiko für einen Schlaganfall verdoppelt sich, und auch die bekannten Folgeschäden eines Diabetes, wie Fußwunden, Augenerkrankungen und Nierenschäden, treten deutlich häufiger auf als bei reinem Typ-1-Diabetes. Im Vordergrund der Therapieoptionen steht die Änderung des Lebensstils mit dem Ziel der Gewichtsreduktion, jedoch fällt es den Betroffenen oft schwer, Fett abzubauen. Zudem kommen operative Verfahren, wie die Magenbypass-Operation, zur Reduzierung des Übergewichts in Betracht. Medikamentöse Therapieansätze beinhalten teilweise die gleichen Medikamente, die auch bei Typ-2-Diabetes eingesetzt werden. Die Leitlinienvorgaben erschweren jedoch die Abrechnung für Betroffene mit Doppel-Diabetes, da beispielsweise bei SGLT2-Hemmern Typ-1-Diabetes eine Kontraindikation darstellt. Daher ist es wichtig, seltenen Diabetes-Typen mehr Beachtung zu schenken.



