Neue Daten aus den USA deuten darauf hin, dass es sich lohnen könnte, Menschen mit Migräneattacken bereits in der Prodromalphase zu behandeln. Im Vergleich zu Placebo konnten 100 mg Ubrogepant die Entwicklung moderater bis schwerer Kopfschmerzen in den folgenden 24 und 48 Stunden sowie Kopfschmerzen jeglicher Intensität und funktionelle Einschränkungen nach 24 Stunden signifikant reduzieren. In einer aktuellen Big-Data-Analyse aus über drei Millionen per App dokumentierten Migräneattacken zur Wirksamkeit von über 25 Akut-Medikationen waren Gepante noch nicht berücksichtigt.
In einer randomisierten, doppelblinden Phase-III-Studie an 75 Forschungszentren und Kopfschmerz-Kliniken in den USA [1] wurden rund 500 Erwachsene im Alter von 18-75 Jahren mit mindestens einjähriger Migräneanamnese und monatlich zwei bis acht moderaten bis schweren Kopfschmerzattacken in den zurückliegenden drei Monaten in der Prodromalphase, also noch vor Einsetzen der Kopfschmerzen, mit 100 mg Ubrogepant oder Placebo behandelt. Da es sich bei PRODROME um eine Crossover-Studie handelte, erhielt die eine Gruppe beim ersten als Prodromalphase anzusehenden Ereignis den „Calcitonin-Gene-Related Peptide“ (CGRP)-Rezeptor-Antagonisten und beim zweiten Mal Placebo. In der anderen Gruppe war es umgekehrt. Primärer Endpunkt war das Ausbleiben moderater oder schwerer Kopfschmerzen binnen 24 Stunden.
Die Prodromalphase ist oft die früheste Phase einer Migräneattacke und kann den Kopfschmerzen um Stunden bis Tage vorausgehen. Auch eine etwaige Aura tritt später auf. Mögliche Prodromi sind zum Beispiel Lichtempfindlichkeit, Müdigkeit und Schmerzen im Halsbereich. Durch Beobachtungen in der Screening-Phase stellte die Forschungsgruppe sicher, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer Prodromalsymptome mit binnen 1-6 Stunden auftretenden Migräne-Kopfschmerzen zuverlässig in mindestens 75 % der Fälle erkannten.
Von den zwischen dem 21.8.2020 und dem 19.4.2022 eingeschlossenen Personen umfasste die Sicherheitspopulation 480 (88 % weiblich) und die „Intention-to-Treat“-Population 477. Bei 46 % von 418 als Prodromi qualifizierten Ereignissen, bei denen Ubrogepant verabreicht wurde, entwickelten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer innerhalb von 24 Stunden keine Kopfschmerzen. Bei den 423 Prodromalereignissen, bei denen sie Placebo erhielten, war dies nur in 29 % der Fall. Der Unterschied war signifikant. Nebenwirkungen binnen 48 Stunden traten unter Ubrogepant bei 17 % und unter Placebo bei 12 % auf. Damit erwies sich die Behandlung im Prodromalstadium als wirksam und gut verträglich.
Eine Analyse [2] von insgesamt 3.119.517 Migräneattacken, die bis Juli 2020 mit einer seit 2014 verfügbaren Migräne-App von weltweit 278.006 Personen dokumentiert worden waren, liefert Real-World-Daten zur Wirksamkeit von über 25 Medikamenten aus sieben Wirkstoffklassen zur Akutbehandlung bei Migräne. Grundlage war eine qualitative Einschätzung der Betroffenen nach „hilfreich“, „einigermaßen hilfreich“, „unsicher“, „nicht hilfreich“. Die drei Wirkstoffklassen mit der höchsten berichteten Wirksamkeit waren Triptane mit einer 4,8-fach höheren Wirkwahrscheinlichkeit gegenüber Ibuprofen als Referenz, Ergotamine mit der 3,02-fachen und Antiemetika mit einer 2,67-fachen Wirkwahrscheinlichkeit. Unter den Einzelsubstanzen führte Eletriptan mit 6,1-fach höherer Wirkwahrscheinlichkeit gegenüber Ibuprofen, gefolgt von Zolmitriptan und Sumatriptan. Gepante und Ditane wurden wegen der noch zu geringen Zahlen und der nicht ubiquitären Verfügbarkeit nicht berücksichtigt. Auch zu spezifischen Dosierungen oder Formulierungen war mangels entsprechender Daten keine Aussage möglich.
Literatur:
- Dodick DW, Goadsby PJ, Schwedt TJ et al. Ubrogepant for the treatment of migraine attacks during the prodrome: a phase 3, multicentre, randomised, double-blind, placebo-controlled, crossover trial in the USA. Lancet 2023 Nov 15:S0140-6736(23)01683-5.
https://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(23)01683-5/fulltext - Chiang CC, Fang X, Horvath Z et al. Simultaneous Comparisons of 25 Acute Migraine Medications Based on 10 Million Users‘ Self-Reported Records From a Smartphone Application. Neurology 2023 Nov 29:10.1212/WNL.0000000000207964https://n.neurology.org/content/early/2023/11/29/WNL.0000000000207964
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Neurologie
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