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Neue S1-Leitlinie „Diagnostik und Therapie des Kopfschmerzes vom Spannungstyp“

Erstmals wurde dem Kopfschmerz vom Spannungstyp eine eigene Leitlinie gewidmet. Herausgeberinnen der neuen S1-Leitlinie unter der Federführung von PD Dr. Lars Neeb, Berlin, sind die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) und die Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG).

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mgo medizin

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Erschienen in: neuro aktuell

Erstmals wurde dem Kopfschmerz vom Spannungstyp eine eigene Leitlinie gewidmet. Herausgeberinnen der neuen S1-Leitlinie unter der Federführung von PD Dr. Lars Neeb, Berlin, sind die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) und die Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG). Die aktuelle Leitlinie gibt spezielle Empfehlungen zur nicht-medikamentösen Prophylaxe. Aufgenommen wurden Übungen zur Mobilisation, Dehnung und Kräftigung der Nackenmuskulatur, Weichteiltechniken und die manuelle Therapie. Neu sind darüber hinaus aktualisierte Angaben zur Prävalenz des Kopfschmerz vom Spannungstyp.

Die neue Leitlinie befasst sich im Gegensatz zu der vorherigen S1-Leitlinie „Therapie des episodischen und chronischen Kopfschmerzes vom Spannungstyp und anderer chronischer täglicher Kopfschmerzen“ ausschließlich mit dem Kopfschmerz vom Spannungstyp (KST). 

Typischerweise handelt es sich klinisch beim KST um einen milden bis mittelschweren holozephalen Kopfschmerz mit dumpf-drückendem Charakter. Der Spannungskopfschmerz betrifft viele Menschen, auch wenn nach stringenter Anwendung der ICHD-3 Kriterien für den KST die 1-Jahres Prävalenz mit 10,3 % bei Frauen und 6,5 % bei Männern in Deutschland deutlich niedriger als in früheren Studien liegt, wie die aktuelle Leitlinie betont. Bei den meisten Betroffenen tritt die Erkrankung erstmals zwischen dem 25. und 30. Lebensjahr auf, der Prävalenzgipfel liegt um das 40. Lebensjahr.

Studien zufolge liegt eine Assoziation mit Fatigue, Unfähigkeit zur Entspannung nach der Arbeit und Schlafmangel vor. Insbesondere Patientinnen und Patienten mit einem chronischen Kopfschmerz vom Spannungstyp (mindestens 15 Kopfschmerztage/Monat seit mindestens 3 Monaten) sind in ihrer Lebensqualität deutlich beeinträchtigt. Die Leitlinie rät daher bei diesen Betroffenen zur medikamentösen Prophylaxe.

Maßnahmen zur nicht-medikamentösen Vorbeugung umfassen Ausdauer- und Krafttraining, Physiotherapie und psychologische Verfahren. Neu werden in der Leitlinie Übungen zur Mobilisation, Dehnung und Kräftigung der Nackenmuskulatur, Weichteiltechniken und manuelle Therapie als wirksame nicht-medikamentöse Einzelinterventionen empfohlen. Diese Maßnahmen können auch kombiniert werden.

Zur Akuttherapie sind in der Regel klassische Analgetika oder Nicht-Steroidale-Anti-Rheumatika (NSAR) wirksam. Führen sie nicht zu einer ausreichenden Schmerzlinderung, werden Kombinationsanalgetika mit Koffein empfohlen, bei denen es allerdings zu mehr Nebenwirkungen wie Benommenheit und Nervosität kommt. Auch nicht-medikamentöse und topische Optionen können zur Akuttherapie eingesetzt werden: Die Empfehlung lautet, 10%iges Pfefferminzöl dreimal im Abstand von je 15 Minuten großflächig auf Stirn und Schläfen aufzutragen, zudem gibt es auch Hinweise auf die Wirksamkeit von Tigerbalsam.

„Wichtig ist, die Patientinnen und Patienten auch auf die nicht-medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten hinzuweisen, aber ebenso die Möglichkeit einer medikamentösen Prophylaxe insbesondere bei Patienten mit chronischem KST zu besprechen . Ansonsten entsteht die Gefahr einer zu häufigen Akut-Medikamenteneinnahme, wodurch ein Kopfschmerz bei Medikamentenübergebrauch entstehen kann“, erklärt der federführende Leitlinienautor Dr. Neeb. „Hinzu kommt, dass eine multimodale Therapie bestehend aus nicht-medikamentösen Verfahren und Pharmakotherapie von größerem Nutzen sein kann als die alleinige medikamentöse Therapie und somit in der Leitlinie empfohlen wird.“

An der Leitlinienerstellung waren neben der DGN und der DMKG auch die Deutsche Gesellschaft für Physiotherapiewissenschaften (DGPTW), die Deutsche Gesellschaft für Psychologische Schmerztherapie und -forschung (DGPSF), die Österreichische Kopfschmerzgesellschaft (ÖKSG), die Schweizer Kopfwehgesellschaft (SKG) und die Schweizerische Neurologische Gesellschaft (SNG) beteiligt.

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Neurologie e.V.

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