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Epithelzellen zeigen überraschende Immunintelligenz gegen Infektionen

Visualisierung der Immunfunktion des Gebärmutterhalses durch Epithelzellen, die gezielte Abwehrmechanismen gegen Infektionen aktivieren.

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Erschienen in: onkologie heute

Epithelzellen im Gebärmutterhals sind aktive Immunwächter: Sie erkennen Erreger früh und koordinieren gezielte Abwehrmaßnahmen – ein neuer Ansatz für Prävention und Therapie sexuell übertragbarer Infektionen.

Sexuell übertragbare Infektionen gehören zu den weltweit häufigsten Infektionen; mehr als eine Milliarde Menschen sind davon betroffen. Sie tragen zu Unfruchtbarkeit und Komplikationen in der Schwangerschaft bei und erhöhen das Risiko für verschiedene Krebsarten. Eine wesentliche Rolle in diesen Prozessen spielt die Schleimhaut des weiblichen Fortpflanzungstrakts – speziell im Gebärmutterhals. Die Frage, wie dieses Gewebe Krankheitserreger wahrnimmt und möglicherweise abwehrt, ist daher für die globale Gesundheit von entscheidender Bedeutung.

Neue Erkenntnisse über diese Vorgänge hat jetzt internationales Forschungsteam aus Aarhus, Würzburg und Berlin gewonnen. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler konnten zeigen, dass Epithelzellen im Gebärmutterhals selbst die Immunantwort koordinieren. „Sie sind keine passiven Mauern, sondern aktive Wächter der Gewebegesundheit“, sagt Prof. Dr. Cindrilla Chumduri, Studienleiterin und Hauptautorin der jetzt in der Fachzeitschrift Science Advances veröffentlichten Studie.

Ein immunkompetentes Gewebe

Diese Entdeckung verändert nach den Worten des Forschungsteams die Sichtweise auf den Gebärmutterhals: „Er ist nicht nur eine Barriere, sondern ein immunkompetentes Gewebe, das komplexe Abwehrmechanismen koordinieren kann“, so Cindrilla Chumduri. Die neuen Erkenntnisse bieten damit einen neuen Ansatz für die Infektionsbiologie und wirken sich auf eine Reihe von Anwendungen aus, wie beispielsweise:

  • Schleimhautimpfstoffe, die auf die Abwehrkräfte des Epithels abzielen
  • Therapien zur Stärkung der angeborenen Abwehrkräfte gegen bakterielle und virale sexuell übertragbare Infektionen.

Darüber hinaus liefern sie einen Ansatz für eine bessere Prävention von infektionsbedingten Krebserkrankungen und Unfruchtbarkeit.

Cindrilla Chumduri ist Infektions- und Krebsbiologin und forscht schon seit Langem an den physiologischen Prozessen im Gebärmutterhalsgewebe – zuerst als Arbeitsgruppenleiterin am Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie (Berlin) und am Lehrstuhl für Mikrobiologie der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU), inzwischen als Professorin am Department of Biological and Chemical Engineering der Aarhus Universität.

„Anatomisch betrachtet ist der Gebärmutterhals ein kompliziertes Gebilde“, sagt die Wissenschaftlerin. Das Bindeglied zwischen Gebärmutterhöhle und Vagina besteht aus dem sogenannten Endozervix, der an die Gebärmutter angrenzt, und dem Ektozervix, der in die Vagina hineinragt. Diese werden von unterschiedlichen Zelltypen ausgekleidet: Während im Endozervix ein säulenförmiges Epithel vorliegt, findet sich im Ektozervix ein mehrschichtiges Plattenepithel.

Zwei Regionen, zwei Verteidigungsstrategien

Für seine jetzt veröffentlichte Studie hat das Forschungsteam auf sogenannte 3D-Organoidmodelle gesetzt. Mit ihrer dreidimensionalen Gewebearchitektur und -zusammensetzung ähneln diese Laborkulturen ihren natürlichen Vorbildern und behalten die funktionellen Eigenschaften des ursprünglichen Gewebes bei.

Durch den Vergleich von Organoiden mit primärem Gebärmutterhalsgewebe mithilfe der Einzelzellauflösung konnte das Team nachweisen, dass diese Modelle die in vivo vorhandenen Epithel-Subtypen und ihre Abwehrprogramme originalgetreu reproduzieren. „Solche Modelle werden zunehmend als Forschungsplattformen anerkannt“, sagt Cindrilla Chumduri. Die Arbeit ihres Labors veranschaulicht, wie Organoid-Systeme neue Erkenntnisse über Infektionen und die Biologie von Krebserkrankungen liefern können.

Mithilfe einer speziellen Technik, der sogenannten Einzelzell-RNA-Sequenzierung, haben Chindrilla und ihr Team erstmals kartiert, wie Tausende einzelner Epithelzellen auf eine Infektion mit Chlamydia trachomatis, dem häufigsten Erreger sexuell übertragbarer Krankheiten, reagieren.

Dabei zeigte sich, dass:

  • Plattenepithelzellen der Ektozervix sich auf die Verstärkung der Barriere konzentrieren
  • und Zylinderepithelzellen der Endozervix als Immunsignale fungieren und bestimmte Immunantworten sowie antimikrobielle Abwehrmechanismen aktivieren – selbst, wenn sie nicht infiziert sind.

Subtypen mit besonderen Aufgaben

Weiter fand das Team heraus, dass innerhalb jeder Region spezialisierte Epithel-Subtypen unterschiedliche Aufgaben erfüllten. In der Ektozervix konzentrierten sich einige Subtypen auf Regeneration und Reparatur. In der Endozervix waren sogenannte Bystander-Zellen, die nie direkt infiziert waren, am immunaktivsten.

„Die Bystander-Zellen haben uns am meisten überrascht“, sagt Dr. Pon Ganish Prakash, Erstautor der Studie, der die computergestützte Analyse der Einzelzell-Sequenzierungsdaten durchgeführt hat. „Sie wurden zu den dominierenden Verteidigern und verstärkten die Immunsignale ohne direkte Infektion.“

Zelluläre Kommunikation

Das Team entschlüsselte auch, wie Epithel-Subtypen mithilfe chemischer Signale miteinander kommunizieren, und deckte dabei eine verborgene „Kommunikation“ auf, die ein Gleichgewicht zwischen Abwehr und Reparatur herstellt.

„Die Arbeit mit diesen Organoidmodellen ermöglichte es uns, die Infektionsdynamik auf kontrollierte und realistische Weise nachzubilden“, erklärt Dr. Naveen Kumar Nirchal. „Wir konnten beobachten, wie bestimmte Epithel-Subtypen als Knotenpunkte fungieren und Signale senden, die ihre Nachbarn mobilisieren.“

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Heterogenität des Epithels von entscheidender Bedeutung ist. Jeder Subtyp hat seine eigene Aufgabe beim Schutz des Gebärmutterhalses und bei der Verhinderung der Ausbreitung von Infektionen auf die oberen Fortpflanzungsorgane“, fügt Dr. Rajendra Kumar Gurumurthy, leitender Wissenschaftler, hinzu.
Originalpublikation: Prakash PG, Nirchal NK, Köster S et al. Single-cell atlas of cervical organoids uncovers epithelial immune heterogeneity and intercellular crosstalk during Chlamydia infection. Science Advances

Quelle: Pressemitteilung der Universität Würzburg

Bildquelle: © Pada Smith – stock.adobe.com

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