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Kardiotoxizität onkologischer Therapien managen

Kardiotoxizität onkologischer Therapien managen

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Erschienen in: ärztliches journal onkologie

Die Fortschritte der onkologischen Therapien haben zwar die Überlebensmöglichkeiten der Patienten deutlich verbessert, jedoch sei der Nutzen vieler Therapien wegen kardiovaskulärer Nebenwirkungen eingeschränkt, so Dr. Dominik Berliner, Hannover: Viele onkologische Behandlungen haben direkt oder indirekt kardiovaskuläre Effekte, die akut oder erst nach Jahren auftreten können, prognostisch relevant sein können und oft nicht vollständig verstanden sind. Nebenwirkungen in diesem Sinne treten bei Chemotherapien, Strahlentherapie, Checkpoint-Inhibitoren, Immuntherapien und CAR-T-Zelltherapien auf.

Patienten, die wegen einer Chemotherapie eine Kardiomyopathie entwickeln, haben eine deutlich schlechtere Prognose als Patienten mit Kardiomyopathie infolge anderer Ursachen. Etwa ein Drittel der Krebspatienten erleidet eine kardiotoxische Nebenwirkung, bei 3% ist die Funktion des linken Ventrikels schwerwiegend beeinträchtigt.

Alter und vorbestehende Erkrankungen als Risikofaktoren

Demografische Faktoren, wie sehr niedriges oder sehr hohes Alter, Rauchen, positive Familienanamnese sowie vorbestehende kardiovaskuläre Erkrankungen sind Risikofaktoren. In einem Positionspapier der ESC1 ist zusammengefasst, welche Risikofaktoren bei welcher onkologischen Therapie eine wie große Rolle spielen.

Neben den Patienten-Charakteristika spielt natürlich auch das Tumormedikament eine große Rolle: Anthrazykline, Cyclophosphamid und Trastuzumab haben ein hohes Risiko für kardio-toxische Nebenwirkungen. Daher sollten gerade diese Patientinnen und Patienten engmaschig überwacht werden. Aber auch zahlreiche neue Medikamente scheinen ein hohes Risiko zu bergen, so Berliner, doch scheinen hier die Dysfunktionen reversibel zu sein. 

Diagnostik, Echokardiografie, GLS und Biomarker

Die verschiedenen kardiologischen Leitlinien definieren Kardiotoxizität im Detail unterschiedlich, stimmen aber darin überein, dass sie vorliegt, wenn die Ejektionsfraktion um mindestens 10% reduziert ist.

Diagnostiziert werden können die Nebenwirkungen durch Echokardiografie, besonders durch 3d-Echokardiografie, die besser reproduzierbar sei, so der Experte. Neuer ist der Global Longitudinal Strain (GLS) als diagnostischer Parameter. Der GLS ist ein Maß für die Kontraktionsfähigkeit des linken Ventrikels, spiegelt also wider, wie gut er sich während der Systole verkürzen kann. Der Wert kann früher auf beginnende Kontraktionsstörungen des linken Ventrikels hinweisen als die EF. Denn während die EF teilweise erst um ein Jahr verzögert abfällt, verändert sich der GLS schon in den ersten Monaten. Das erlaubt es schon früh, auf die Toxizität zu reagieren. Fällt der GLS um mehr als 15% ab, ist das ein Hinweis auf Kardiotoxizität.

Auch kardiale Biomarker wie Troponin I, BNP oder NT-proBNP geben frühe Warnsignale: Steigt das Troponin an, weist das bei allen Chemotherapien auf eine später auftretende linksventrikuläre Dysfunktion hin. Je stärker der Anstieg ist, desto mehr fällt die EF ab. Während Troponin einen guten Prädiktor für Kardiotoxizität bei allen Chemotherapien darstellt, ist der Zusammenhang für BNP noch nicht ganz sicher.

Präventive Therapie so früh wie möglich starten

Auch wenn Patienten, deren Pumpfunktion wegen vorhergehender Kardiotoxizität herabgesetzt ist, in den großen kardiologischen Studien stark unterrepräsentiert sind, geht man davon aus, dass Patienten mit asymptomatischer oder symptomatischer linksventrikulärer Herzinsuffizienz nach den Leitlinien behandelt werden sollen. Bei lediglich hohem Risiko oder leicht erhöhten Biomarkern gibt es präventive Therapien mit ACE-Hemmern, Carvedilol, anderen Beta-Blockern oder Kombinationen, die schon früh begonnen werden sollten.

Daten zeigen, dass über 60% der Patienten ansprechen, wenn die Therapie in den ersten 2 Monaten beginnt, startet die Therapie erst nach sechs Monaten, spricht kein Patient mehr an.

Schwer zu diagnostizieren: Myokarditis durch Checkpoint-Inhibitoren

Checkpoint-Inhibitoren aktivieren das Immunsystem, um den Tumor bekämpfen zu können. Das führt zugleich zu inflammatorischen und Autoimmunreaktionen, die im Herzen eine lang anhaltende Myokarditis verursachen können. Die Prävalenz dafür liegt nach aktuellen Daten bei etwa 1,5% bis 2%, wird aber vermutlich unterschätzt.
Die klinischen Symptome sind nicht sehr ausgeprägt; Atemnot oder Angina-pectoris-ähnliche Beschwerden können auftreten. Im EKG zeigen sich Veränderungen wie Tachykardie oder Blockbilder, kardiale Blutmarker sind erhöht. Die üblichen Diagnosemethoden – Echokardiografie und MRT – sind in nur ungefähr 50% der Fälle auffällig, erst eine Reihe von mehreren Symptomen und diagnostischen Parametern erhärtet die Diagnose. Das ist problematisch, weil etwa 50% mit Checkpoint-Inhibitor-assoziierter Myokarditis schwerwiegende kardiovaskuläre Ereignisse erleiden.

Myokarditis und Arrhythmien treten innerhalb der ersten drei Monate nach Therapiebeginn auf. Weil die gebräuchlichsten Checkpoint-Inhibitoren eine Halbwertszeit von zwei bis fast vier Wochen haben, müssen die Patienten oft initial mit einem Steroid behandelt werden, später können weitere Immunsuppressiva dazukommen, um die Steroid-Dosis wieder senken zu können.

Roland Müller-Waldeck

Quelle: Virtuelle Sitzung der Tagungspräsidentin auf der DGK-Jahrestagung am 07.04.2021 „Was Kardiologinnen/Kardiologen über Onkologie wissen sollten“.
1. Alexander R Lyon et al. Eur J Heart Fail 2020 Nov;22(11):1945-1960. doi: 10.1002/ejhf.1920. Epub 2020 Aug 6.

Bildquelle: © li – stock.adobe.com

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