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SABCS: Stellenwert von Immuntherapie und ADCs steigt

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SABCS: Stellenwert von Immuntherapie und ADCs steigt

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Erschienen in: ärztliches journal onkologie

Fast 11.000 Teilnehmer aus 102 Ländern kamen Ende 2023 in San Antonio zusammen, um sich über die neuesten Entwicklungen in Prävention, Diagnose und Behandlung des Mammakarzinoms zu informieren. Über 400 Präsentationen und knapp 1.900 Abstracts zeugen von den Fortschritten, die beim Brustkrebs erreicht wurden.

Anti-HER2-Kombination aktiv bei ZNS-Metastasen

Bei bis zu 50% aller Patientinnen mit fortgeschrittenem HER2-positivem Brustkrebs sind Hirnmetastasen vorhanden. „In dieser Situation kann die Kombination von Anti-HER2-Therapien die Prognose der Betroffenen verbessern“, konstatierte Prof. Dr. Sara Hurvitz, Seattle. Geprüft wurde der Ansatz in der Phase-3-Studie HER2CLIMB-02, in der 463 Patientinnen mit HER2-positivem fortgeschrittenem oder metastasierten Mammakarzinom und Progress nach Trastuzumab- und taxanbasierter Therapie randomisiert einem Arm mit Trastuzumab-Emtansin (T-DM1) plus Tucatinib oder T-DM1 plus Placebo zugeteilt wurden. Bei Tucatinib handelt es sich laut Hurvitz um einen hochselektiven, gegen HER2 gerichteten Tyrosinkinase-Inhibitor. 44% der Teilnehmerinnen wiesen zu Studienbeginn ZNS-Metastasen auf, die bei jeweils der Hälfte entweder aktiv oder behandelt und stabil waren. Rund 90% hatten zuvor bereits Pertuzumab erhalten, sodass sich die aktuelle Therapielandschaft im Studienkollektiv widerspiegelt.

Nach einem medianen Follow-up von 24,4 Monaten war die Überlegenheit der Kombination beim primären Endpunkt belegt: Das progressionsfreie Überleben (PFS) verbesserte sich signifikant um gut zwei Monate – von median 7,4 Monaten im Placeboarm auf 9,5 Monate (HR 0,76; p=0,0163). Der Vorteil zugunsten der Kombination galt für alle präspezifizierten Subgruppen. Auch Patientinnen mit Hirnmetastasen profitierten von T-DM1 plus Tucatinib mit einer PFS-Verlängerung um mehr als zwei Monate (7,8 vs. 5,7 Monate; HR 0,64). Die Daten zum Gesamtüberleben (OS) sind derzeit – nach Eintreten von 53% der erforderlichen Ereignisse – noch unreif. Der OS-Median im Kombinatinsarm ist noch nicht erreicht; im Kontrollarm liegt er bei 38 Monaten. Nebenwirkungen traten unter der Kombination öfter auf; am häufigsten waren erhöhte Leberenzymwerte, Fatigue, Thrombozytopenie  und Anämie.

„Nach HER2CLIMB ist HER2CLIMB-02 die zweite Studie an Patientinnnen mit Hirnmetastasen, die eine Verzögerung der Krankheitsprogression durch ein Tucatinib-Regime belegt“, resümierte Hurvitz. „HER2CLIMB-02 wird den derzeitigen Algorithmus beim HER2-positiven Brustkrebs nicht verändern, unterstreicht jedoch die Rolle von Tucatinib beim HER2-positiven Brustkrebs und bietet zusätzliche Flexibilität bei der Wahl der Kombinationspartner“, erklärte Diskutantin Prof. Dr. Valentina Guarneri, Padua. Derzeitiger Standard in der Zweitlinie bleibt nach ihren Worten Trastuzumab-Deruxtecan. Doch hat sich die duale HER2-Blockade erneut als erfolgreich erwiesen. Auch ebnet HER2CLIMB-02 den Weg für potenzielle Kombinationen z.B. von Tucatinib mit neuen Antikörper-Drug-Konjugaten (ADC).  

Neues ADC beim HR-positiven Brustkrebs

ADCs spielen in der Brustkrebs-Behandlung eine immer wichtigere Rolle. So führte das gegen Trop-2 gerichtete Datopotomab-Deruxtecan (Dato-DXd) in der Studie TROPION-Breast01 bei 732 vorbehandelten Frauen mit Hormonrezeptor- (HR) positivem metastasiertem Brustkrebs zu einer klinisch relevanten PFS-Verbesserung. In der Phase-3-Studie wurde das ADC mit einer Chemotherapie nach Wahl des Prüfarztes (Eribulin, Vinorelbin, Gemcitabin oder Capecitabin) verglichen.

Bei Auswertung wurden im Arm mit Dato-DXd noch dreimal so viele Patientinnen behandelt wie im Kontrollarm, berichtete Prof. Dr. Aditya Bardia, Boston. Das PFS als primärer Endpunkt war im Vergleich zur Chemotherapie um 2,4 Monate verlängert, das Progressionsrisiko wurde um relativ 36% gesenkt (6,9 vs. 4,5 Monate; HR 0,64; p<0,0001). Nach initialem Abfall trennten sich die PFS-Kurven beider Arme anhaltend. Nach einem Jahr waren noch 21,7% der mit Dato-DXd, aber nur 9,9% der Kontrollpatientinnen progressionsfrei. Auch die Zeit bis zur ersten Folgetherapie  wurde deutlich verlängert (8,3 vs. 5,0 Monate; HR 0,53). Der PFS-Vorteil zugunsten von Dato-DXd war unabhängig von der Dauer der Vortherapie mit einem CDK4/6-Inhibitor und vom Vorliegen von ZNS-Metastasen bei Studienbeginn. Bardia wies darauf hin, dass die Nebenwirkungsrate im experimentellen Arm, die üblicherweise höher ist als im Kontrollarm, hier niedriger ausfiel als mit der Referenztherapie. So war die Rate an Toxizitäten vom Grad ≥3 unter Dato-DXd nicht einmal halb so hoch wie im Kontrollarm (21% vs. 45%). Therapieabbrüche, Dosisreduktionen und G-CSF-Einsatz waren mit dem ADC ebenfalls seltener. Auch eine Verschlechterung der Lebensqualität wurde durch Dato-DXd verzögert. „Damit sprechen die Ergebnisse für Dato-DXd als neue Option beim endokrin resistenten, metastasierten HR-positiven Brustkrebs“ so Bardias Schlussfolgerung.

Finale Auswertung der KATHERINE-Studie

Patientinnen mit HER2-positivem frühem Mammakarzinom ohne pathologische Komplettremission (pCR) nach neoadjuvanter Therapie haben eine ungünstige Prognose, erinnerte Prof. Dr. Sibylle Loibl, Frankfurt. Daher könnte eine Folgetherapie sinnvoll sein. In der finalen Analyse der KATHERINE-Studie hat sich nun die Effektivität von T-DM1 als postneoadjuvante Therapie bei Patientinnen mit HER2-positivem frühem Brustkrebs und pathologischem Resttumor erneut bestätigt. Sie umfasst knapp 1500 Patientinnen mit invasivem Resttumor in Brust oder Lymphknoten nach neoadjuvanter Anti-HER2- und Chemotherapie, die zwölf Wochen nach der Operation zu 14 Zyklen T-DM1 oder zu Trastuzumab randomisiert wurden.

Bereits bei der ersten Auswertung 2018 hatte T-DM1 aufgrund der signifikanten und klinisch relevanten Verbesserung des Überlebens ohne invasive Erkrankung (iDFS; primärer Endpunkt) überzeugt (HR 0,50; p<0,001).  Loibl stellte auf dem SABCS ein Update der Studie nach 60 Monate längerem Follow-up, d.h. nach insgesamt 8,4 Jahren, vor. Gemäß der finalen iDFS-Analyse verbessert T-DM1 den primären Endpunkt um relativ 46% und um absolut 13,7%: „Der initiale Effekt  von T-DM1 bleibt langfristig erhalten: Die iDFS-Rate nach sieben Jahren steigt von 67,1% unter Trastuzumab auf 80,8%“, berichtete Loibl (HR 0,54; p<0,0001). Auch die Subgruppenanalysen untermauern den positiven Effekt von T-DM1. Zudem wird im Update erstmals ein signifikanter OS-Benefit von absolut 4,7% erreicht: Nach sieben Jahren waren im Kontrollarm noch 84,4%, unter T-DM1 hingegen 89,1% der Frauen am Leben (HR 0,66; p=0027). Wiederum profitierten alle untersuchten Subgruppen konsistent von dem ADC. Neue Toxizitäten wurden im Langzeitverlauf nicht beobachtet; Kardiotoxizitäten waren in beiden Armen selten. „T-DM1 ist die erste Therapie, die das Überleben von Patientinnen mit frühem HER2-positivem Brustkrebs und invasivem Resttumor nach neoadjuvanter Therapie und Operation verbessert“, resümierte Loibl.

Effektive Immuntherapie beim frühen TBNC

Ein ebenfalls positives Update stellte Prof. Dr. Peter Schmid, London, von der Studie KEYNOTE-522 vor. Es handelt sich um die erste placebokontrollierte Phase-3-Studie mit Pembrolizumab im neoadjuvanten und adjuvanten Setting beim triple-negativen Brustkrebs (TNBC). 1174 Patientinnen mit neu diagnostiziertem TNBC erhielten im Verhältnis 2:1 eine primär systemische Therapie mit Carboplatin/Paclitaxel gefolgt von Doxo- oder Epirubicin/Cyclophosphamid und randomisiert entweder Pembrolizumab oder Placebo. Postoperativ schloss sich eine adjuvante Therapie mit dem PD-1-Inhibitor oder Placebo an. In den ersten beiden Interimsanalysen hatte Pembrolizumab bereits zu einem signifikanten Anstieg der pCR-Rate um absolut 13,6 Prozentpunkte und einer ebenfalls signifikanten Verbesserung des ereignisfreien Überlebens (EFS) um relativ 37% geführt.

Mittlerweile werden die Teilnehmerinnen median 63 Monate lang nachbeobachtet.  Damit liefert KEYNOTE-522 jetzt sehr robuste EFS-Daten, treten doch 85-90% aller Rezidive beim TNBC in den ersten fünf Jahren auf, was sich im Abflachen der Ereigniskurven widerspiegelt,  betonte Schmid. Nach 60 Monaten liegt die EFS-Rate im Placeboarm bei 72,3%, ist unter Pembrolizumab dagegen mit 81,3% um absolut 9% höher (HR 0,63). Von der Checkpoint-Blockade profitierten Patientinnen in Tumorstadium II und III sowie mit negativem und positivem Nodalstatus.  „Das Update untermauert ein Vorgehen mit neoadjuvanter platinbasierter Therapie plus Pembrolizumab gefolgt von der adjuvanten Pembrolizumab-Therapie als Standardregime bei Hochrisiko-Patientinnen mit frühem TNBC“, so Schmids Schlussfolgerung.

Dr. Katharina Arnheim

Quelle: San Antonio Breast Cancer Symposium, San Antonio, 5. bis 9. Dezember 2023

Bildquelle: © ARIF – stock.adobe.com

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