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Alles nur reine Ästhetik und nur eine Sache der Ocularisten?

Anfertigung einer Augenprothese

Alles nur reine Ästhetik und nur eine Sache der Ocularisten?

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Erschienen in: CONCEPT Ophthalmologie

Jährlich werden in Deutschland etwa 2.000 Enukleationen durchgeführt. PD Dr. Alexander C. Rokohl, Leiter der augenprothetischen Spezialsprechstunde an der Universitäts-Augenklinik Köln, machte anlässlich der DOG auf die aktuelle augenprothetische Versorgung aufmerksam, die auf ein Miteinander der Fachdisziplinen angewiesen ist.

Der Verlust eines Auges aufgrund einer medizinischen Indikation wie Traumata, maligner Tumoren, schwerer Infektionen oder angeborener Fehlbildungen stelle für die betroffenen Patienten häufig ein einschneidendes Erlebnis dar, das neben den körperlichen Folgen auch erhebliche psychologische und emotionale Belastungen mit sich bringe. Dies könne zu ernsthaften psychischen Erkrankungen wie Depressionen, Ängsten und sozialem Rückzug führen, erläuterte Rokohl, der die Forschungsgruppe Augenprothetik am Zentrum für Augenheilkunde der Universität zu Köln in Kooperation mit dem Medizinischen Zentrum für Augenprothetik in Köln leitet. Der ästhetische Aspekt spiele nach einer Enukleation eine zentrale Rolle und beeinflusse maßgeblich das Selbstbewusstsein, die Lebensqualität sowie die soziale Integration der Patienten. Gerade bei zusätzlicher Diagnose eines malignen Tumors sei eine frühzeitige, nahtlose Rehabilitation von größter Bedeutung. Hier komme der optisch ansprechenden, individuell angefertigten Augenprothese eine entscheidende Funktion zu.

Psychische und soziale Rehabilitation sicherstellen

Diese erfülle jedoch nicht nur ästhetische Ansprüche, sondern trage wesentlich zur psychischen und sozialen Rehabilitation bei. Für die Augenärzte sei es essenziell, über Grundkenntnisse in der augenprothetischen Versorgung zu verfügen. Diese seien notwendig, um eine effektive Rehabilitation sicherzustellen, Patienten fachkundig zu beraten, mögliche Komplikationen zu erkennen und gegebenenfalls therapeutisch einzugreifen.

Häufige Krankheitsbildernach Enukleation

Beim Tragen von Augenprothesen können diverse Probleme auftreten, die den Tragekomfort beeinträchtigen und Schmerzen verursachen. Verschiedene Krankheitsbilder wie Konjunktivitiden, das Dry Anophthalmic Socket Syndrome (DASS), der sogenannte Contracted Socket und das Post-Enukleation Socket Syndrome (PESS) treten häufig auf. Die Behandlungsmöglichkeiten reichen von konservativen Maßnahmen bis hin zu umfangreichen chirurgischen Eingriffen. Allerdings fehlen zu vielen dieser Krankheitsbilder evidenzbasierte Therapieempfehlungen und Leitlinien, kritisierte Rokohl. Das mache den Forschungsbedarf in diesem Bereich deutlich.

Gemeinsames Therapiekonzept nötig

Eine optimale Versorgung erfordert oft die enge Zusammenarbeit zwischen Ocularisten und ophthalmoplastischen Chirurgen. Nur ein gemeinsames Therapiekonzept gewährleiste in vielen Fällen das bestmögliche Ergebnis. Das Medizinische Zentrum für Augenprothetik in Köln geht deshalb weit über die reine augenprothetische Versorgung hinaus. „Mit einem ganzheitlichen Konzept, das auf neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen und jahrzehntelanger Erfahrung basiert, bieten wir eine interdisziplinäre Betreuung durch erfahrene Ocularisten und spezialisierte Ärzte an einem Standort – ein einzigartiges Angebot in Deutschland“, sagte Rokohl. Aktuelle Forschungsthemen und bestehende Lücken in der Augenprothetik würden hier ebenfalls aktiv angegangen. Die enge Zusammenarbeit von Ocularisten und ophthalmoplastischen Chirurgen sorge für ein optimales medizinisches Ergebnis. Die augenprothetische Versorgung sei heute in Deutschland weit mehr als reine Kosmetik und nicht nur die Aufgabe der Ocularisten. Sie erfordere das Zusammenwirken eines multiprofessionellen, interdisziplinären Expertenteams.

Quelle: DOG-Kongresspressekonferenz am 10.10.2024 in Berlin

Bildquelle: © Vadim – stock.adobe.com

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