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Bericht zur Lage der Augenkliniken in der Ukraine

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Erschienen in: CONCEPT Ophthalmologie

Auf der Vorab-Pressekonferenz zum DOG-Kongress, der vom 29.09.–02.10.2022 in Berlin stattfinden wird, berichtete der PD Dr. Lyubomyr Lytvynchuk, stellvertretender Direktor der Universitäts-Augenklinik in Gießen, über die Situation der Augenkliniken in der Ukraine. Sie müssen unter Kriegsbedingungen arbeiten und sind auf materielle Hilfe angwiesen.

 Lytvynchuk, Ukrainer und seit fast sieben Jahren an der Universitäts-Augenklinik in Gießen tätig, koordiniert gemeinsamt mit Klinikdirektor Prof. Dr. Matus Rehak einen Teil der Hilfsaktion für ukrainische Augenkliniken, Augenärztinnen und Augenärzte. Große Unterstützung erhalten sie von der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG), der Retinologischen Gesellschaft (RG), dem Berufsverband der Augenärzte und der ganzen ophthalmologischen Community Deutschlands.

Auf der Pressekonferenz berichtete Lytvynchuk über die Organisation und Durchführung der Versorgung von Patientinnen und Patienten mit Augenverletzungen und Augenerkrankungen unter den Bedingungen der militärischer Invasion der russischen Streitkräfte in der Ukraine. „Der Alltag der Kolleginnen und Kollegen sowie der ukrainischen Bevölkerung hat sich am 24. Februar dieses Jahres dramatisch geändert“, sagte er. „Millionen von Menschen waren gezwungen zu fliehen. Hunderttausende sind obdachlos geworden. Ohne Zukunft, Aussichten und Sicherheiten. Zehntausende wurden ermordet und getötet. Angst und Hilflosigkeit sind ständige Begleiter der ukrainischen Menschen geworden.“

Insgesamt seien 927 medizinische Einrichtungen beschädigt oder zerstört worden; 52 von ihnen seien bereits vollständig wiederhergestellt worden, weitere 200 teilweise. Am stärksten betroffen sei die medizinische Infrastruktur in den fünf Regionen Kyiv, Tschernihiw, Donezk, Mykolajiw und Charkiw.

Herausforderungen im Krieg

Die Herausforderungen, denen Augenklinken und Augenzentren im russisch-ukrainischen Krieg begegnen, seien vor allem organisatorischer Art:

– materiell und technisch (zerstörte, besetzte ophthalmologische Räumlichkeiten, Geräteverlust, ein Teil der eingeführten Geräte wird nicht repariert oder gewartet)

– Verlust von medizinischem Personal (Evakuierung in die westlichen Regionen des Landes, wo einige keine Beschäftigung finden, Auswanderung)

– Verlust von nicht medizinischem Personal, von dem die Arbeit der Klinik stark abhängig ist (Ingenieure, Handwerker, Versorgungsunternehmen)

– zusätzliche Kosten für die Organisation von Sicherheitsmaßnahmen

– Logistik (Verlust oder Verlagerung von Verteilungslagern in der Ukraine, Personalverluste)

– finanziell (Einbrüche von Einnahmequellen).

Zu den medizinischen Herausforderungen gehören das Vorherrschen von Augenverletzungen durch Explosionen, ein hohes Maß an komplexen okulären Polytraumata (Augenverletzungen mit okulären Lid- und Augenhöhlenverletzungen) und viele Augenverletzungen assoziiert mit anderen Kopf-, Hals-, Gesichts- oder systemischen Verletzungen. Zudem verzögere das Vorliegen lebensbedrohlicher Zustände bei Soldaten nach einer Verletzung die Evakuierung und somit den Zugang zu einer spezialisierten augenärztlichen Abteilung um mehrere Tage.

Augenverletzungen, sowohl militärischer als auch ziviler Natur, seien ein schwerwiegender Teil der Verletzungen in der Ukraine, sagte Lytvynchuk. Russland verwende verbotene Waffen sowie Phosphorbomben und Streumunition, was die besonderen Charakteristika von Augenschäden erkläre. Die Frequenz militärischer Augenverletzungen belaufe sich auf sieben bis neun Prozent der Gesamtzahl. Davon würden bis zu 71,9 Prozent als perforierende Verletzungen diagnostiziert, von diesen widerum 43,8 Prozent als Verletzung mit einem intraokularen Fremdkörper. Die Verwendung von Military Combat Eye Protection (MCEP) unter Soldaten spiele eine große Rolle. Nach einer vorläufigen Analyse hätten verwundete Soldaten, die Tactical-Brillen verwendeten, keine nachweislichen Augenverletzungen.

Wie Lytvynchuk weiter berichtete, ist eine große Zahl von Augenärztinnen und Augenärzten aus der Ukraine nach Deutschland gegangen. So vielen wie möglich solle eine Rückkehr in ihre Heimat ermöglicht werden, sobald es die Umstände erlaubten: „Dort werden sie gebraucht.“ Im Namen der ukrainischen Augenärzteschaft sprach er deutschen Augenärzten und Unternehmen sowie der DOG tiefen Dank aus. Ihre Solidarität, schnelle und großzügige Hilfe seien in der ersten Phase des Krieges entscheidend gewesen. Sie hätten als erste ein hochspezialisiertes Zutun geleistet und wertvolle Materialien geliefert, die bereits an Augenkliniken in der gesamten Ukraine verteilt worden seien.

Es sei so viel gespendet worden, dass die Ukrainische Vitreoretinale Gesellschaft Lagerräume in Lviv und Kyiv einrichten konnte, von wo aus die Materialien nach und nach geliefert werden könnten nach den Grundsätzen:

1. in erster Linie die Augenstationen der Militärkrankenhäuser zu unterstützen,

2. gemeinnützige medizinische Augenversorgung für Zivilisten bereitzustellen,

3. humanitäre Hilfen unter den Augenkliniken und Augenzentren in der Ukraine transparent zu verteilen.

Man sei im ständigen Kontakt mit Augenkliniken in der Ukraine und wolle die Hilfsaktion fortführen.

Quelle: Vorab-Online-Pressekonferenz zur DOG 2022 am 22.09.2022

Bildquelle: © Corri Seizinger – stock.adobe.com

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