Optische Cochlea Implantate versprechen eine verbesserte Wiederherstellung des Hörens bei Schwerhörigkeit und Taubheit. Ein Team von Göttinger Hörforschenden um Antoine Huet definiert erstmals den biologisch plausiblen Bereich der Stimulationsparameter für den Einsatz des optischen Cochlea Implantats beim Menschen.
Die Optogenetik, die Steuerung gentechnisch veränderter Zellen mit Licht, hat die Biowissenschaften und die Medizin revolutioniert. Sie erlaubt es, die Aktivität von Zellen und ihrer Netzwerke über Lichtpulse gezielt zu steuern und eröffnet damit völlig neue Perspektiven für die Therapie von Funktionsstörungen sensorischer Systeme, wie dem Hören und dem Sehen. Die optogenetische Behandlung von Schwerhörigkeit und Taubheit durch das optische Cochlea Implantat (oCI), befindet sich noch im präklinischen Stadium. Vorklinische Studien und Simulationen legen nahe, dass das Hören mit Licht das Potenzial hat, einen nahezu physiologischen Höreindruck zu erzeugen, der auch das Erkennen emotionaler Zwischentöne und komplexer Melodien einschließt.
Definition von Stimulationsparametern
Welche Anforderungen für den klinischen Einsatz des optischen Cochlea Implantats beim Menschen erfüllt sein müssen, erforscht Dr. Antoine Tarquin Huet als Junior Fellow am Göttinger Exzellenzcluster „Multiscale Bioimaging: Von molekularen Maschinen zu Netzwerken erregbarer Zellen“ (MBExC). „Das Hören mit Licht setzt voraus, dass das oCI akustische Signale in ein Muster aus Lichtsignalen umwandelt, die dann die Nervenzellen in der Hörschnecke, der Cochlea, in geeigneter Weise stimulieren. Die optogenetische Stimulation muss dafür genau auf die Kodierungseigenschaften der Hörnervenzellen abgestimmt sein“, sagt Huet, der am Institut für Auditorische Neurowissenschaften der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) forscht. „Wir haben nun erstmals geeignete Stimulationsparameter definiert, innerhalb derer die Kontrolle der Hörnervenzellen mittels künftiger optogenetischer Prothesen, wie dem oCI plausibel ist.“, so Huet. In ihrer kürzlich veröffentlichten Studie beschreiben die Göttinger Hörforschenden auch, wie eine schnelle und zuverlässige Charakterisierung künftiger optogenetischer Werkzeuge gelingen kann, mit denen sich die Verarbeitung neuronaler Signale zwischen Ohr und Gehirn untersuchen lässt. Die Erkenntnisse sind veröffentlicht in der wissenschaftlichen Fachzeitschrift „Brain Stimulation“.
Vorteile des Hörens mit Licht
Die Wiederherstellung des Hörens durch Optogenetik erlaubt es, funktionsuntüchtige oder fehlende Sinneszellen zu umgehen, indem die Aktivität nachgeschalteter Hörnervenzellen gezielt über Lichtpulse gesteuert wird. Der Ansatz erfordert eine Gentherapie, bei der die Hörnervenzellen durch Einbau lichtsensitiver Ionenkanäle, sogenannter Kanalrhodopsine, lichtempfindlich gemacht werden. Über einen implantierbaren optischen Stimulator des oCI erfolgt die gezielte Stimulation der Hörnervenzellen mit Licht. Diese führt zum Öffnen der Kanäle und einem Einstrom von Ionen, es kommt zu einem Aktionspotential, die Nervenzelle wird elektrisch erregt. Lichtpulse zur Anregung des Hörnervs sind weitaus präziser einsetzbar als Strom. So lassen sich viel kleinere Bereiche mit weniger Hörnervenzellen aktivieren als beim bisher verwendeten elektrischen CI.
Originalpublikation:
Mittring A, Moser T, Huet AT (2023) Graded optogenetic activation of the auditory pathway for hearing restoration. Brain Stimulation (2023) S1935-861X(23)01673-X. https://doi.org/10.1016/j.brs.2023.01.1671.
Quelle: Universitätsmedizin Göttingen
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