Medizinische Versorgungszentren (MVZ) sind im Laufe der Jahre immer mehr und immer größer geworden; ihre Führung kann der eines mittelständischen Betriebes entsprechen. Diese können von den Besitzern auch im Alter weitergeführt und vererbt werden – doch in der vertragsärztlichen Versorgung fehlt diese Möglichkeit. Wieso investorgeführte MVZs (iMVZs) ins Spiel kommen, beschreibt CONCEPT-Herausgeberin Dr. Stefanie Schmickler hier und in der aktuellen Print-Ausgabe, die am 12.10.2023 erschienen ist.
In der ehemaligen DDR wurden Patientinnen und Patienten in Polikliniken, eine den MVZs (Medizinischen Versorgungszentren) vergleichbare Struktur, ambulant versorgt. Die damalige Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt hatte tatsächlich diese Polikliniken im Auge, als sie 2004 die Praxisform MVZ ins Sozialgesetzbuch schrieb.
MVZs hatten initial gegenüber Gemeinschaftspraxen den Vorteil, dass Ärzte angestellt werden konnten und deren Zulassungen und Vertragsarztsitze an das MVZ gebunden waren. Verließ ein Arzt die Wirkungsstätte, konnte er sie nicht mitnehmen.
Problematische Regelungen für Gemeinschaftspraxen
Verlässt ein Arzt hingegen die Gemeinschaftspraxis, so kann er seinen Sitz mitnehmen und sich im selben Planungsbezirk niederlassen. Für die zurückbleibenden Praxispartner ist das ein Problem: Die Kosten für Personal und Miete müssen bei dann sinkendem Regelleistungsvolumen am alten Standort weiter bestritten werden. Das kann die eine oder andere Gemeinschaftspraxis in eine wirtschaftliche Schieflage bringen.
Insofern wurden viele Gemeinschaftspraxen zu MVZs umgewandelt, in denen Kollegen angestellt wurden. Hinzu kam, dass viele Einzelpraxen sich den MVZs anschlossen, da sie die Vorteile der zentralen Verwaltung (Datenschutz, Hygiene- und Qualitätsmanagement etc.) sahen. Hierdurch sind im Laufe der Zeit MVZs in ihrer Größe gewachsen. Die Führung von großen MVZs kann in solchen Fällen dann der eines mittelständischen Betriebes entsprechen.
Doch mittelständische Betriebe in der freien Wirtschaft können von den Besitzern auch im Alter weitergeführt und vererbt werden. In der vertragsärztlichen Versorgung fehlt diese Möglichkeit.
Eine GmbH ist kein wirklicher Ausweg
MVZs können als GmbH – als juristische Person – oder als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) im ärztlichen Eigenbesitz geführt werden. Ein MVZ mit mehreren Eigentümern verliert seine Zulassung, wenn auch nur einer der Gesellschafter, aus welchem Grund auch immer, nicht mehr ärztlich tätig ist. Die Rechtsform GmbH ist kein wirklicher Ausweg: Wird eine GmbH von einem ärztlichen Kollegen gekauft, so kann dieser den Kaufpreis nicht abschreiben, was sich auf die Finanzierung wirtschaftlich sehr negativ auswirkt.
Sinnvoll wäre daher, früh einen ärztlichen Gesellschafter als Nachfolger zu finden. In der Generation Y, die altersmäßig dafür infrage kommt, scheuen sich nach unserer Erfahrung jedoch die Kollegen und Kolleginnen, die Verantwortung zu übernehmen. Tatsächlich müssen Gesellschafterärzte bei den großen MVZs neben ihrer ärztlichen Tätigkeit häufig über 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und mehr entscheiden und eine monatliche Gehaltssumme im knapp siebenstelligen Bereich verwalten.
Was fehlt, ist die Möglichkeit, dass der Gesellschafterarzt zwar aus der Versorgung ausscheidet, nicht aber aus dem Gesellschafterstatus und der Inhaberschaft. Der Gesellschafterarzt könnte das Risiko weiter mittragen und engagierte Kollegen auf seinen Sitz anstellen. Inhaberschaft ist in Deutschland jedoch immer noch an einen Vertragsarztsitz gebunden.
Auch die Zwischenlösung – der Gesellschafterarzt behält seinen Sitz, reduziert aber über Jobsharing seinen Tätigkeitsumfang – ist problematisch. Das hätte den Nachteil, dass das gesamte MVZ mit seinen Einnahmen gedeckelt wäre, was erhebliche finanzielle Nachteile hätte: So könnten zum Beispiel Gehaltserhöhungen nicht gezahlt oder es könnte nicht in neue Geräte investiert werden.
Plankrankenhäuser sind auch keine Alternative
Die Alternative für große inhabergeführte MVZs ist die gleiche wie für MVZs mit Beteiligungskapital: Sie müssen ein Plankrankenhaus übernehmen, das dann das MVZ weiter betreibt. Wird die Klinik zum Gesellschafter, entfällt die Bindung dieses Gründers an eine Zulassung, da die Planaufnahme einer Klinik ebenfalls den Gründer- und damit Betreiberstatus vermittelt. Doch Kliniken, die rentabel sind, lassen sich kaum mehr finden und wenn, sind sie entweder nicht verkäuflich oder zu teuer. Die Übernahme eines ganzen Krankenhauses überfordert zudem ärztliche Inhaber.
Investorgeführte MVZs sind im Vorteil
Da kommen dann die investorgeführten MVZs (iMVZs) ins Spiel. Sie verfügen über mindestens eine Klinik und haben es leichter, inhabergeführte MVZs zu übernehmen. Sie zahlen dem Verkäufer hohe Summen, die es den verbleibenden Partnern schwer machen, den ausscheidenden Partner selbst auszahlen – ihnen fehlt eine ausreichend lange Zeit, um dieses Investment refinanzieren zu können. Denn ihr Berufsleben ist im Unterschied zur Betriebsdauer des Krankenhauses endlich. Dass ärztliche Inhaberschaft an eine Zulassung und gleichzeitig an aktives ärztliches Praktizieren gebunden ist, verschafft iMVZs einen Vorteil mit der Folge, dass sich auch passionierte ärztliche Kollegen zurückziehen.
Es bleibt zu hoffen, dass der Gesetzgeber kurzfristig Regelungen schafft, dass Gesellschafterärzte auch mit Aufgabe der eigenen ärztlichen Tätigkeit Gesellschafter und Inhaber von MVZs bleiben. Sie könnten ihre langjährige Versorgungserfahrung einbringen, die aktiven Ärzte der Generation Y zumindest mental unterstützen, von Verwaltungstätigkeiten weitestgehend freihalten und ihnen das Gros des wirtschaftlichen Risikos abnehmen.
Weitere Gesetzeskuriosität
Der Gesetzgeber sollte dann auch gleich eine weitere Kuriosität des Gesetzes beseitigen: Angestellte Ärzte können nämlich Anteile an einer MVZ-Gesellschaft von ärztlichen Gesellschaftern übernehmen, nicht jedoch von dem Gesellschafter, der das Krankenhaus betreibt. Dass ein Investor damit keine Anteile an angestellte Ärzte abtreten kann, dient nicht gerade der Stärkung ärztlicher Beteiligungsmöglichkeiten.
Kontakt:
Dr. med. Stefanie Schmickler
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