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Weniger ist mehr – Hypofraktionierte Bestrahlung beim Prostatakarzinom

Weniger ist mehr – Hypofraktionierte Bestrahlung beim Prostatakarzinom

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mgo medizin

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Erschienen in: UroForum

Ein Prostatakarzinom wird jährlich in Deutschland bei über 57.000 Männern diagnostiziert (Daten von 2014 [1]). Bei der Therapie kommen verschiedene Verfahren bzw. deren optimale Kombination zum Einsatz. Dazu gehören die Operation, Radio- und Radionuklidtherapie, Chemo-, Hormon- und Immuntherapien.

Forscher sind nach wie vor auf der Suche nach der optimalen Behandlung des Prostatakarzinoms. (Foto: © SciePro – stock.adobe.com)

Zu den Deeskalationskonzepten bei Prostatakrebs gehört die Hypofraktionierung der Bestrahlungsdosis, d. h. die Reduktion der Anzahl der Fraktionen. Während die konventionelle Fraktionierung bei Prostatakrebs aus bis zu 40 Einzelbestrahlungen besteht (mit 1,8–2,0 Gy/Fraktion), sind es bei moderater Hypofraktionierung um die 20 Fraktionen (mit 2,4–4,0 Gy/Fraktion) und bei extremer Hypo- und Ultrafraktionierung weniger als 5-7 Bestrahlungen (mit 6–10 Gy/Fraktion) [2]. Bei Hypofraktionierung erfolgen grundsätzlich also weniger Einzelbestrahlungen bei jedoch höheren Einzeldosen auf den Tumor. Mit weniger Bestrahlungsterminen verkürzt sich für die Patienten die Gesamtbehandlungsdauer von vielen auf wenige Wochen und die Gesamtdosis ist am Ende geringer, was tendenziell zu weniger langfristigen Nebenwirkungen führen kann.

Bildgebung mit PSMA PET/CT ermöglicht Dosisreduktion

Bei der Diagnostik des Prostatakarzinoms ist in der Bildgebung das sogenannte kombinierte PSMA-PET/CT der konventionellen CT-/SPECT-Bildgebung überlegen, weil die Positronen-Emissions-Tomographie (PET) das prostataspezifische Oberflächenantigen PSMA erkennt und somit bereits vorhandene Knochenmetastasen sicherer entdeckt werden, was dann gegebenenfalls die Therapiestrategie ändert.

Die HypoFocal-SBRT-Studie (SBRT=„stereotactic body radiotherapy“) unter Leitung der Uniklinik Freiburg (Prof. Dr. med. Anca-Ligia Grosu) ist eine prospektive randomisierte Phase-III-Studie zur Zielvolumenreduktion (GTV) innerhalb der Prostata. Sie schließt 374 Patienten an 20 Zentren aus Deutschland, Österreich und der Schweiz ein, mit dem Ziel der Verbesserung des progressionsfrei-en Überlebens durch eine fokussierte kleinvolumige Dosiserhöhung nach MRT und PSMA-PET/CT. Die Standardgruppe erhält 60–62 Gy in 20 Fraktionen (je 3 Gy), die experimentelle Gruppe dagegen nur 35 Gy in 5 Fraktionen (je 7 Gy). Im Rahmen der Hypofraktionierung erfolgt eine Erhöhung der fokalen Strahlendosis im Tumor, einschließlich einer SIB (40–42 Gy auf PET/MRT GTV). Die gesamte Behandlungszeit soll somit bei Erhalt einer guten Lebensqualität von 20 auf nur fünf Bestrahlungs-tage verkürzt werden. Geplant ist außerdem die Durchführung von parallelen translationalen Projekten.

Adaptive Bestrahlungsplanung durch wöchentliche MRTs

Eine weitere Strategie der radiotherapeutischen Deeskalation stellte Dr. Daniel Wegener, Tübingen, vor [4]. Die Fragestellung lautete: Lässt sich im Rahmen einer bildgestützten Strahlentherapie (IGRT) der Bestrahlungsplan von Prostatakarzinompatienten im Therapieverlauf nach Bedarf auf Basis wöchentlicher 1,5-Tesla-MRTs anpassen? In einer einarmigen, prospektive Phase-II-Studie wurde unter Beweis gestellt, dass ein solches Vorgehen mit akzeptabler Akuttoxizität möglich ist: In der Studie M-Base Pro 1.0 erhielten 25 Patienten mit Prostatakarzinom (PC) der Stadien cT1-3b N0 M0 eine Radiotherapie (RT) bis 78 Gy in 39 Fraktionen auf Prostata und Samenblasen sowie eine hormonablative Therapie (HAT) nach Leitlinie. Neben 3-Tesla-MRTs bei Erstdiagnose, nach neoadjuvanter HAT sowie in Woche 2 und 7 der RT erfolgten wöchentliche 1,5-Tesla-Untersuchungen ohne Kontrastmittel. Wich das gemessene Prostatavolumen dabei um ≥ 25 % oder ≥ 20 ml vom initialen Planungs-CT oder -MRT ab, wurde der Bestrahlungsplan adaptiert. Bei 36 % war dies der Fall. Nach den Toxizitätskriterien RTOG und CTC wurden im Verlauf keine toxischen Auswirkungen im Bereich von Harnblase und Enddarm beobachtet, die mehr als zweitgradig waren.

Literatur:
[1] Hermann S, Kraywinkel K (2019): Epidemiologie des Prostatakarzinoms in Deutschland
Onkologe 2019 (25): 294-303, DOI 10.1007/s00761-019-0545-x. (>> Zur Publikation)
[2] Arcangeli S, Greco C. Hypofractionated radiotherapy for organ-confined prostate cancer: is less more? Nat Rev Urol 2016; 13 (7): 400-8
[3] Fransson P et al. Ultra-hypofractionated versus conventionally fractionated radiotherapy for prostate cancer (HYPO-RT-PC): patient-reported quality-of-life outcomes of a randomised, controlled, non-inferiority, phase 3 trial. Lancet Oncology, Onlinevorabveröffentlichung am 11. Januar 2021, DOI: 10.1016/S1470-2045(20)30581-7 (>> Zur Publikation)
[4] Wegener D et al. VS02-5 MR-basierte adaptive IGRT des Prostatakarzinoms: Update zu Feasibility, Planadaptation und Akuttoxizität der prospektiven Phase II Studie M-Base Pro 1.0. Raum: WebKonferenz 2 (WK2)

Quelle:

DEGRO-Pressestelle
Dr. Bettina Albers
Tel. 03643/776423
albers@albersconcept.de

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