Auch wenn dissoziative Störungen bei vielen Krankheitsbildern vorkommen und sie die Therapie negativ beeinflussen können, werden sie häufig übersehen, wenn sie nicht sehr auffällig sind. Mit dem DSS- Fragebogen kann die dissoziative Neigung des Patienten ermittelt werden, liegt sie über 20 Punkten, führt Kathlen Priebe, Berlin, ein diagnostisches Interview durch.
Dissoziative Symptome kommen bei vielen psychiatrischen Erkrankungen vor, leichtere Symptome werden aber häufig übersehen, so Kathlen Priebe, Berlin, das gilt besonders für dissoziative Bewusstseinsstörungen. Der Grund dafür ist, dass die Patienten oft wegen anderer Probleme in die Sprechstunde kommen, wie Depressionen oder Borderline-Störung, Viele Betroffene wissen nicht so recht, wie sie ihre Erlebnisse in Worte fassen können, so dass sie ihre Symptome nicht beschreiben können. Andere Patienten schämen sich ihrer Symptome, weil sie den Eindruck haben, verrückt zu sein und schließlich habe die diagnostische Unsicherheit auch damit zu tun, dass die dissoziativen Störungen in den üblichen diagnostischen Interviews nicht erfragt werden.
Weil sie bei sehr viele Erkrankungen jedoch eine große Rolle spielen, sollte die Anamnese sie erfassen, rät Priebe den Kollegen. Im ersten Schritt empfiehlt sie, das Ausmaß der Symptome mit einem Symptominstrument zu erfassen. Von den zahlreichen Fragebögen am weitesten verbreitet ist die Dissocaitive Expereince Scale, die dem deutschen Fragebogen zu dissoziativen Symptomen sehr ähnlich ist. „Und was ein wichtiger Aspekt ist, da mag ich Ihre Aufmerksamkeit hin lenkten, ist, dass diese verschiedenen Fragebögen unterschiedliche Erfassungszeiträume haben.“ Die beiden gerade genannten Fragebögen zum Beispiel haben keinen festen Erfassungszeitraum, sind daher nicht sensitiv für Veränderungen, und das könne problematisch werden bei Therapiestudien zu dissoziativen Störungen, die dann die Symptomverbesserung nur sehr schlecht erfassen. Änderungssensitiv hingegen sind der FDS-20, der DSS, der DSS-akut und der DSS-4. Letzterer erfasst mit nur 4 Fragen das aktuelle dissoziative Erleben des Patienten. Da starke dissoziative Effekte die Therapie sehr ungünstig beeinflussen, geht Priebe mit Patienten mit hoher Dissoziationsneigung den DSS-4 häufig zu Beginn oder nach einer Therapiesitzung durch.
Bei Patienten mit stärkeren dissoziativen Symptomen, ab 20 Punkten im FDS oder der Dissoziations-Spannungs-Skala führt sie im zweiten Schritt ein diagnostisches Interview durch. Der Strukturierte Klinische Interview(SKID)-Fragebogen gilt international als Standardfragebogen, um dissoziative Störungen nach DSM-IV zu erfassen und ist als SKID-D in deutscher Sprache erhältlich. Das Heidelberger Dissoziations-Inventar (HDI) und das Strukturierte Interview zur Diagnose dissoziativer Störungen (SIDDS) erfassen DSM-IV und ICD-10-Diagnosen.
Roland Müller-Waldeck
Hybrides Symposium auf der DGPPN Jahrestagung 2022 am 24.11. 2022: Dissoziative Störungen und Symptome bei psychischen Erkrankungen.
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