Die kindlichen Schlaganfälle sind ein zunehmendes Problem weltweit. Prof. em. Maja Steinlin, Fachärztin für Pädiatrische Neurologie am Universitätsspital Bern, schilderte anlässlich der Neurowoche 2022 in Berlin, die wichtigsten Unterschiede zu Erwachsenen und häufige Auslöser.
Die häufigsten Schlaganfälle bei Kindern sind ischämische, nah gefolgt von den hämorrhagischen Schlaganfällen und sehr viel seltener die Sinusvenenthrombosen (SVT). Die Mortalität, vor allem der ischämischen Schlaganfälle liegt zwischen 5–10% und viele Kinder haben mit den Folgen des Schlaganfalles mit einer hohen Morbidität von 50–60% zu leben. Der kindliche Schlaganfall ist mit einer Inzidenz von 2/100.000 Kindern/Jahr sogar leicht häufiger als ein Hirntumor im Kindesalter, betonte Steinlin
Schlaganfälle bei Kindern können in jedem Alter auftreten (v.a. Kleinkinder, Vorschulkinder und Teenager) und betreffen häufiger Jungen als Mädchen (1,6:1). Die Manifestationen unterscheiden sich im Vergleich zu Erwachsenen vornehmlich mit epileptischen Anfällen bereits in der Akutphase und häufigeren Sprachproblemen. Die Hemipharese und Sensibilitätsprobleme treten bei Kindern und Erwachsenen mit Schlaganfall etwa gleich häufig auf, nannte Steinlin.
Der große Unterschied zu den Erwachsenen ist, wenn ein Patient mit einem fokalen Problem in die Notaufnahme kommt, sind es bei den Erwachsenen zu 73% Schlaganfälle und bei Kindern nur 7%. Weitere Erkrankungen, die bei Kindern aussehen können wie ein Schlaganfall, sind zum Beispiel Migräne, Epilepsie, Synkope und psychiatrische Erkrankungen.
Jedes Kind mit Verdacht auf Schlaganfall sollte innerhalb einer Stunde eine Bildgebung bekommen, appellierte Steinlin. Nach Möglichkeit sollte dies eine Magnetresonanztomographie sein, weil es aussagekräftiger ist und keine Röntgen Belastung für die Kinder darstellt, so die Expertin. Als häufige Ursachen für einen kindlichen Schlaganfall nannte Steinlin inflammatorische, fokale Ateriopathien und kardiale Grunderkrankungen, wie angeborene Herzfehler oder Kardiomyopathien. Kinder mit Kardiomyopathien wären Kandidaten für eine Thrombektomie, allerdings verzögert die Diagnose häufig und im Mittel um vier Tage, räumte Steinlin ein. Kindliche Schlaganfälle werden auch durch Infektionen getriggert, darunter vor allem Herpes Infektionen und wahrscheinlich auch COVID-Infektionen mit cerebrovaskuläre Problemen bei PIMS (Pediatric Inflammatory Multisystem Syndrome). Genetische Prädispositionen für Arteriopathien, wie die Moyamoya-Erkrankung oder andere hämatologische Erkrankungen wie Koagulopathien und Sichelzell-Erkrankungen bergen ebenfalls Risikokonstellationen für Schlaganfälle im Kindesalter.
Dr. rer. nat. Christine Willen
Quelle: Wissenschaftliche Sitzung „Schlaganfall“ im Rahmen der Neurowoche am 04.11.2022 in Berlin.
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