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ASCO-GU 2025: Neue Kombinationen bei Prostata- und Nierenzellkarzinom

Vom 13.-15. Februar fand der ASCO-GU dieses Jahr in San Francisco statt (Symbolbild © adobestock – Luciano Mortula-LGM)

ASCO-GU 2025: Neue Kombinationen bei Prostata- und Nierenzellkarzinom

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Erschienen in: UroForum

Auf der ASCO-GU-Tagung Mitte Februar in San Francisco wurden fast 900 Abstracts zu urogenitalen Tumoren vorgestellt. Hier eine kleine Übersicht zu neuen Daten bei Prostata-, Blasen- und Nierenzellkarzinom.

Patienten mit metastasiertem kastrationsresistentem Prostatakarzinom (mCRPC) erhalten im klinischen Alltag oft nur noch eine Systemtherapie und haben mit einem Gesamtüberleben (OS) von < 3 Jahren eine schlechte Prognose. Mittlerweile gibt es präklinische Hinweise für eine enge Verknüpfung des Androgenrezeptor(AR)-Signalwegs mit der homologen rekombinanten Reparatur (HRR) und für synergistische Effekte bei Kombina-tion von PARP-Inhibitoren (PARPi) mit AR-Signalweg-Inhibitoren (ARPi) bei Betroffenen mit und ohne Alterationen in den HRR-Genen, informierte Prof. Dr. Neerai Agarwal, Salt Lake City. So supprimieren PARPi die transkriptionelle Aktivität des AR, während ARPi die Expression von HRR-Genen downregulieren.

Synergistische Effekte nutzen

In der Phase-III-Studie TALAPRO-2 wurde daher die zusätzliche Gabe des PARPi Talazoparib zu Enzalutamid im in einem breiten Kollektiv von Patienten mit mCRPC versus Enzalutamid plus Placebo geprüft. Kohorte 1 umfasste 805
 sogenannte All-comers, d. h. un-selektierte Patienten unabhängig von ihrem HRR-Mutationsstatus, Kohorte 2 umfasste 399 Patienten mit HRR-Defizienz, also mit Alterationen in den Genen CDK12, BRCA1/2, ATM und/oder CHEK2. Auch in Kohorte 1 wiesen rund 21 % der Teilnehmer Aberrationen in HRR-Genen auf.

Der primäre Endpunkt, eine Verlängerung des radiologischen progressionsfreien Überlebens (rPFS), wurde in beiden Kohorten erreicht: In der unselektierten Kohorte 1 reduzierte die Zugabe von Talazoparib das Progressionsrisiko um relativ 33 %: Kombiniert behandelte Patienten überlebten median 33,1 Monate ohne Progress, Kontrollpatienten median 19,5 Monate (HR 0,667; p < 0,0001). Agarwal stellte auf dem ASCO-GU die finale OS-Analyse von TALAPRO-2 in dieser Kohorte nach einem Follow-up von 52,5 Monaten vor: Auch bei diesem Endpunkt erwies sich die Kombinationstherapie mit einer Verlängerung um > 8 Monate als erfolgreich: Nur mit Enzalutamid behandelte Patienten überlebten median 37,0 Monate, die im Kombinationsarm 45,8 Monate (HR 0,796; p = 0,0155). Der OS-Benefit wurde konsistent in allen präspezifizierten Subgruppen beobachtet, so auch nach einer Vortherapie mit Abirateron oder Docetaxel ebenso wie bei Teilnehmern ohne BRCA-Mutationen (37,1 vs. 48,4 Monate) oder HRR-Defizienz (37,4 vs. 48,6 Monate).

Verbesserung von rPFS und OS

Prof. Dr. Karim Fizazi, Villejuif, stellte eine weitere Analyse von Kohorte 2 der TALAPRO-2-Studie bei Patienten mit HRR-Defizienz vor. In diesem Kollektiv führte die Addition von Talazoparib im Vergleich zu Enzalutamid mono zu einer rPFS-Verbesserung um 18,4 Monate (30,7 vs. 12,3 Monate; HR 0,468; p < 0,0001). Damit blieb der bereits bei der Primäranalyse ­beobachtete signifikante, klinisch relevante Benefit der zusätzlichen PARP-Inhibition auch bei 2 Jahre längerem Follow-up erhalten. ­Zudem wurde durch die Kombination eine OS-Verlängerung erreicht: von median 31,1 Monaten im ­Kontrollarm auf 45,1 Monate bei zusätzlicher Talazoparib-Gabe (HR 0,622; p = 0,0005). Ein besonders starker Benefit der Kombination ergab sich mit einer Reduk­tion des Sterberisikos von relativ 50 % für Patienten mit mutiertem BRCA1/2 (HR 0,497; p < 0,0017). In dieser Subgruppe ist der ­OS-Median unter Talazoparib noch nicht erreicht; im Placeboarm beträgt er 28,5 Monate. In beiden Kohorten wurden während der verlängerten Nachbeobachtung keine neuen Sicherheitssignale ­dokumentiert; auch blieben Lebensqualität und General Health Score der kombiniert behandelten Patien­ten erhalten. Damit führt die Kombination von PARPi und ARPi ohne Einbußen in der Lebensqualität zu einem relevanten OS-Benefit, resümierte Agarwal. Die aktuellen Daten von TALAPRO-2 sprechen nach seinen Worten für Talazoparib/Enzalutamid als Standardoption in der initialen Behandlung des mCRPC.

Blasenkarzinom: adjuvantes Nivolumab langfristig effektiv

Das dreijährige Follow-up von CheckMate-274 untermauert die anhaltende Effektivität der adjuvanten Therapie mit Nivolumab beim muskelinvasiven Urothelkarzinom (MIUC). Die Phase-III-Studie umfasste 709 Hochrisikopatienten, die innerhalb von 120 Tagen nach radikaler Zystektomie zu Nivolumab über ein Jahr oder Placebo randomisiert wurden. Die Mehrheit der Patienten (n = 560) wies ein muskelinvasives Blasenkarzinom (MIBC) auf; die Hälfte von ihnen hatte präoperativ eine Cisplatin-basierte Chemotherapie erhalten, berichtete Prof. Dr. Matthew Milowsky, Chapel Hill. In dieser großen Subgruppe wurde durch Nivolumab eine Verdreifachung des krankheitsfreien Überlebens (DFS; primärer Endpunkt) erreicht – von nur 8,5 Monaten im Placeboarm auf 25,6 Monate im Verumarm (HR 0,63). Nach 3 Jahren waren nur 32,0 % der Placebopatienten, aber 46,8 % der aktiv behandelten Patienten krankheitsfrei am Leben. Von Nivolumab profitierten Teilnehmer unabhängig von einer vorherigen neoadjuvanten Therapie (NAT): Bei Patienten mit NAT verlängerte sich das DFS von 8,3 Monaten unter Placebo auf 19,6 Monate, bei denen ohne NAT von 13,7 Monaten auf 25,9 Monate.

Zudem führte Nivolumab auch zu einem tendenziellen OS-Benefit: Bei den aktiv behandelten MIBC-Patienten ist der OS-Median noch nicht erreicht; im Placeboarm beträgt er 39,9 Monate (HR 0,70). Die 3-Jahresrate des OS liegt bei 64,2 % bzw. 53,7 %. Rund 40 % der MIBC-Patienten wiesen eine PD-L1-Expression im Tumor ≥ 1 % auf. Sie profitierten von der adjuvanten Nivolumab-Therapie besonders stark: Die 3-Jahresrate des OS verbesserte sich von 52,0 % unter Placebo auf 71,8 % im Verumarm (HR 0,48). Ebenso wie beim DFS war der OS-Benefit durch Nivolumab unabhängig von einer vorherigen NAT: Patienten mit NAT überlebten unter Nivolumab median 55,2 Monate, Placebopatienten 40,2 Monate. Bei Patienten ohne NAT ist der OS-Median im Verumarm noch nicht erreicht; im Placeboarm erstreckt sich das OS über median 37,7 Monate. Da bei längerer Nachbeobachtung keine neuen Sicherheitssignale auffielen, wertete Milowsky Nivolumab als Therapiestandard für Hochrisikopatienten mit MIBC nach radikaler Chirurgie unabhängig von einer zuvor durchgeführten NAT.

Tripeltherapie beim Nierenzellkarzinom

Auch in der Studie COSMIC-313 beim fortgeschrittenen Nierenzellkarzinom (RCC) ergab sich im Langzeit-Follow-up ein anhaltender Benefit für die First-line-Tripeltherapie mit Nivolumab/Ipilimumab (Nivo/Ipi) plus Cabozantinib, bei allerdings beachtlicher Toxizität. Die Studie, die das Triplett bei 855 Patienten mit intermediärem oder hohem Risiko mit Nivo/Ipi plus Placebo verglich, hatte bereits in der Primäranalyse nach 15-monatiger Beobachtung eine signifikante Verbesserung des PFS mit einer Risikoreduktion für Progress oder Tod um 27 % durch die Cabozantinib-Addition gezeigt (HR 0,73; p = 0,01), wobei insbesondere die intermediäre Risikogruppe profitierte (HR 0,63). Der PFS-Benefit blieb bei längerer Nachbeobachtung von 45 Monaten erhalten: Patienten im Triplett-Arm lebten 16,6 Monate progressionsfrei, die im Placeboarm lediglich 11,2 Monate. Wie Prof. Dr. Laurence Albiges, Villejuif, berichtete, übertrug sich dieser Vorteil jedoch nicht in eine OS-Verlängerung: Das mediane OS ist mit jeweils ca. 42 Monaten ebenso wie die 3-Jahresrate von je 54 % in beiden Armen identisch.

Zudem war die Tripeltherapie mit einer hohen Toxizität assoziiert: Die Rate therapiebedingter Nebenwirkungen, die zu einem Absetzen von mindestens einem Studienmedikament führte, war im Verumarm mit 49 % fast doppelt so hoch wie im Placeboarm. Nebenwirkungen vom Grad ≥ 3 traten bei 75 % bzw. 44 % der Teilnehmer auf.

Makrophagen-Subpopulation als Prädiktor für Effektivität

In einer translationalen Analyse von COSMIC-313 erwies sich der Spiegel an M2-Makrophagen, die die Immunantwort supprimieren und so zu Tumorwachstum, Invasion und Metastasierung beitragen, als bester Prädiktor für PFS und OS. Patienten der ungünstigen Risikokategorie und die mit viszeraler Metastasierung wiesen höhere Spiegel dieser Zellpopulation auf und hatten gegenüber Patienten mit niedrigem Level an M2-Makrophagen ein kürzeres PFS und OS. Die zusätzliche Gabe von Cabozantinib, das verschiedene Rezeptoren auf M2-Makrophagen blockiert, kann laut Albiges die durch diese Zellen vermittelte Immunsuppression durchbrechen und damit den Effekt der Immuntherapie verstärken. Betroffene mit hohem M2-Makrophagen-Spiegel könnten somit eine Subpopulation darstellen, die von der Cabozantinib-Zugabe profitieren.

Dr. Katharina Arnheim

Quelle: ASCO Genitourinary Cancers Symposium, San Francisco, 13.–15. Februar 2025

Aus UroForum Heft 03/2025

Bildquelle: © adobestock – Luciano Mortula-LGM

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