In der Präsidenten-Rede im heutigen DGU-Plenum war eine kritische Betrachtung des Kongressmottos „Wissen schafft Evidenz, Heilung und Innovation“ am Beispiel der Uroonkologie angekündigt. Die kritischen Kontrapunkte blieben indes rar, sondern Begeisterung und Faszination von Wissen und Fortschritt gewannen die Oberhand.

„Wissen war immer der Treiber von Technik und Innovation. Wir müssen mit dem Wissen der Welt wachsen, um gut zurecht zu kommen“, unterstrich DGU-Präsident Prof. Jürgen Gschwend. Berechnungen gingen davon aus, dass sich das Weltwissen alle acht Jahre verdoppele. Das Schulwissen habe eine Halbwertszeit von etwa 15 Jahren, in den Universitäten seien es gerade noch fünf Jahre. „In der IT und der EDV spricht man heute von einer Halbwertszeit von etwa einem Jahr.“
Die Schnelllebigkeit des Wissens revolutioniert aus der Perspektive des DGU-Präsidenten technologische Fortschritte wie Künstliche Intelligenz, das Internet der Dinge und Big Data. Insbesondere die Art und Weise der Generierung und Nutzung von Wissen sei im Wandel.
Der Boom der Big Data-getriebenen digitalen Anwendungen sei ein gutes Beispiel. Prof. Gschwend nannte zwei Beispiele: Die App Uroletics ist für Patienten mit Prostatakarzinom gemacht, die bei Inkontinenz und Erektiler Dysfunktion nach einer radikalen Prostatektomie Informationen und Hilfestellungen geben soll. Die Kranus Edera-App ist eine digitale Anwendung, um die Erektionsfähigkeit mit Hilfe einer digitalen Therapie zu verbessern.
Die Genom-Sequenzierung ist ein weiteres Fortschrittsfeld. „Durch Fortschritte in der Genomik und Sequenzierung werden wir weitere personalisierte Therapien, basierend auf Target-Mutationen, entwickeln – sogenannte Targetables. Weitere Antibody Drug Conjugates (ADC) können als Target-Chemotherapie bei Tumorerkrankungen entwickelt werden. Fortschritt dient auch dazu, die CAR-T-Zell-Therapie als neuartige, innovative Therapie für weitere Krebserkrankungen nutzen zu können“, so Prof. Gschwend. Bei der CarT-Zellltherapie werden spezifische chimäre Antigenrezeptoren (CAR)in die Immunzellen der Patienten eingebaut, um die Erkennung und Vernichtung von Krebszellen im Körper zu verbessern.

Auf dem ASCO-Kongress 2024 gab es eine bahnbrechende Studie, die gezeigt hat, dass man durch einen Prostate Cancer Risk Score feststellen kann, welche Menschen ein genetisches Risiko für ein Prostatakarzinom haben. „Ein genetischer Risiko-Score könnte bedeuten“, so Prof. Gschwend, „dass wir Screening und Diagnostik nochmal anders organisieren müssen.“
Grundsätzlich betonte der DGU-Präsident, dass medizinische Probleme, Klimawandel und soziale Fragen nach globalem Austausch verlangten. Der Zugang zu wissenschaftlichen Forschungsdaten sei wichtig, um Lösungen zu ermöglichen. „Evidenz, Wissenschaft und globaler Fortschritt sind die Säulen für eine bessere Zukunft.“ Im Anschluss an die Präsidenten-Rede trat der bisherige DGU-Generalsekretär Prof. Maurice Stephan Michel ans Rednerpult, verabschiedete sich von den Urologen und freute sich gleichzeitig bereits auf seinen Kongress 2027 in Frankfurt, den er gemeinsam mit seinem Co-Präsidenten Dr. Thomas Speck leiten wird.
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