Die aktuelle Ausgabe der Roland Berger Krankenhausstudie zeigt: Nach bereits herausfordernden Jahren hat sich die wirtschaftliche Lage der Häuser 2024 in einem bislang unbekannten Ausmaß weiter zugespitzt. So geben drei von vier Kliniken an, das Jahr mit einem Verlust abgeschlossen zu haben. Neben diesem allgemeinen Negativtrend zeichnet sich eine zunehmende Polarisierung des Marktes ab.

„In einem Gesundheitssystem mit Millionen Patientenkontakten pro Woche ist es schlicht unrealistisch, alle Zugänge rein analog zu organisieren. Ohne digitale, ärztlich entwickelte Triage verlieren wir Zeit, Ressourcen und letztlich Versorgungsqualität“, erklärt hierzu Dr. Dirk Heinrich, Vorstandsvorsitzender des SpiFa. Aus Sicht des SpiFa belastet ein Primärarztmodell ohne digitale Ersteinschätzung Ärztinnen und Ärzte durch unnötige Präsenzkontakte und blockiert damit die für wirklich dringliche Fälle benötigten Kapazitäten. Für Patientinnen und Patienten bedeutet dies noch längere Wartezeiten.
Eine digitale Ersteinschätzung sei der Schlüssel zur Verbesserung der Effizienz des gesamten Systems. „Es bedarf funktionierender verbindlicher digitaler Instrumente, um den tatsächlichen Behandlungsbedarf und die Dringlichkeit noch vor dem ersten Arztkontakt zu prüfen und dann Patientinnen und Patienten zielgerichtet zur richtigen Versorgungsebene zu leiten. So ließen sich auch Doppeluntersuchungen vermeiden“, erläutert der SpiFa seine Bedenken.
Der Anteil der Kliniken mit einem ausgeglichenen Jahresergebnis schrumpft, stattdessen arbeiten die Häuser entweder profitabel oder geraten immer stärker in finanzielle Schieflage. Besonders deutlich wird diese Entwicklung in der Teilgruppe der öffentlichen Krankenhäuser: 89 % dieser Einrichtungen arbeiten defizitär, nur 9 % erzielen einen Überschuss.
Die Zahl der Krankenhäuser, die negative Ergebnisse schreiben, wird immer größer, und die Anzahl derjenigen, die Gewinn machen, wird immer geringer“, stellt Peter Magunia, Gesundheitsexperte bei Roland Berger, fest. Die Unternehmensberatung veröffentlicht die Krankenhausstudie jährlich, für die neue Ausgabe wurden 850 Krankenhaus-Geschäftsführer und Führungskräfte befragt. 2023 arbeitete nach der damaligen Umfrage zumindest eine knappe Hälfte der Häuser noch wirtschaftlich.
Wahrscheinliche Folge der Krankenhauskrise werden nach Einschätzung der Unternehmensberatung mehr Fusionen und weitere Schließungen sein. „Was wir aktuell sehen, ist, dass vermehrt über Zusammenschlüsse nachgedacht wird, teilweise träger- und landkreisübergreifend“, unterstreicht Magunia. „Mehrere Träger tun sich zusammen, bilden einen Krankenhausverbund und schließen ein oder zwei ihrer Häuser.“
Roland Berger erwartet größere Transformationen. „Um aus der Misere herauszukommen, reduzieren Krankenhäuser die Zahl ihrer Standorte, ändern ihr Leistungsportfolio und investieren in den Ausbau der ambulanten Versorgung“, sagte Magunia. „Wir schätzen den Investitionsbedarf in den nächsten Jahren auf 130 Milliarden Euro – für Baumaßnahmen, IT und Digitalisierung. Die vorhandenen Fördermittel reichten dafür nicht aus, selbst mit den 50 Milliarden Euro des Krankenhaustransformationsfonds nicht.“


