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UroSkop: Scherbenhaufen in der Urologie im Klinikum Kassel: Volkmer ging, Schakaki auch!

Aus für das „DreamTeam“: Prof. Björn Volkmer (links) hat das Klinikum Kassel verlassen und arbeitet nun im Medizinischen Versorgungszentrum Vellmar. Dr. Samer Schakari wechselt zum Jahresende als Chefarzt der Urologie und als Ärztlicher Direktor an die Paracelsus-Klinik Golzheim in Düsseldorf. Foto: Klinikum Kassel

UroSkop: Scherbenhaufen in der Urologie im Klinikum Kassel: Volkmer ging, Schakaki auch!

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mgo medizin

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7 MIN

Erschienen in: UroForum

Die Klinik für Urologie, roboterassistierte Urologie und Uroonkologie des Klinikums Kassel kommt nicht zur Ruhe. Im Juli 2023 verkündete das Krankenhaus-Management eine neue Doppelspitze mit Prof. Björn Volkmer und Dr. Samer Schakaki, um robotische und minimalinvasive Chirurgie einzuführen. Ein gutes Jahr später entstand in Kassel ein personeller Scherbenhaufen.

Nachdem der langjährige angesehene Chefarzt Prof. Björn Volkmer vor einigen Monaten überraschend die Klinik verlassen hatte, berichtete die Hessische Niedersächsische Allgemeine (HNA), dass der aktuelle Klinikdirektor Dr. Samer Schakaki die Klinik ebenfalls zum Jahreswechsel verlassen wird. Schakaki wird die Position als Chefarzt der Urologie und als Ärztlicher Direktor in der Paracelsus-Klinik Golzheim in Düsseldorf übernehmen.


Aus für das „DreamTeam“: Prof. Björn Volkmer (links) hat das Klinikum Kassel verlassen und arbeitet nun im Medizinischen Versorgungszentrum Vellmar. Dr. Samer Schakaki wechselt zum Jahresende als Chefarzt der Urologie und als Ärztlicher Direktor an die Paracelsus-Klinik Golzheim in Düsseldorf. Foto: Klinikum Kassel
Aus für das „DreamTeam“: Prof. Björn Volkmer (links) hat das Klinikum Kassel verlassen und arbeitet nun im Medizinischen Versorgungszentrum Vellmar. Dr. Samer Schakaki wechselt zum Jahresende als Chefarzt der Urologie und als Ärztlicher Direktor an die Paracelsus-Klinik Golzheim in Düsseldorf.

Prof. Björn Volkmer hat in der Zwischenzeit eine neue urologische Tätigkeit im Medizinischen Versorgungszentrum Vellmar gefunden und operiert außerdem eigene Patienten am Klinikum in Hannoversch Münden. Seine abrupte Trennung vom Klinikum Kassel hatte viele besorgte Leserbriefe in der HNA produziert. Aus informierten Kreisen erfuhr UroForum, dass der neue strategische Kurs der Urologie im Klinikum Kassel zu Streit zwischen dem Management des Klinikums Kassel und der Klinik für Urologie geführt hatte. Dass nun auch Volkmers Nachfolger Dr. Schakaki das Weite sucht, wirft kein gutes Licht auf das Krankenhaus.

Am 1. Juli 2023 hatte Dr. Samer Schakaki das Leitungsteam der Klinik für Urologie am Klinikum Kassel „verstärkt“, wie es in der offiziellen Pressemitteilung des Klinikums hieß. Schakaki sollte als Chefarzt die Doppelspitze mit dem bisherigen Leiter der Klinik, Prof. Björn Volkmer, bilden. Man kennt dieses Muster, wenn Krankenhaus-Manager urologischen Chefärzten im fortgeschrittenen mittleren Lebensalter Co-Chefärzte an die Seite stellen, weil ein neuer Kurs gewünscht wird.

Erweiterung um robotische und minimalinvasive Chirurgie

„Gemeinsames Ziel“ sei es, so das Klinikum Kassel, das „Leistungsspektrum der Klinik für Urologie um robotische und minimalinvasive Chirurgie zu erweitern“. GNH-Vorstandsvorsitzender Dr. Michael Knapp freute sich denn auch „über diese Entwicklung für das Klinikum Kassel“. Dr. Schakaki zeichne sich durch umfassende Erfahrungen in der robotischen und minimalinvasiven Chirurgie aus – ein „großer Gewinn für uns als Maximalversorger in Nordhessen“.

Die Freude im Klinikum Kassel hielt kaum ein Jahr, dann warf Prof. Volkmer die Brocken hin – nicht in allerbester Stimmung, wie es heißt. Weniger als ein halbes Jahr dauerte es dann noch, ehe es auch Dr. Schakaki Volkmer gleichtat und nach Golzheim wechselte. Nun steht die traditionsreiche Kasseler Urologie vor einem personellen Scherbenhaufen. Viel Grund zur Freude dürfte derzeit in Kassel nicht bestehen.

Langeweile dürfte auch jetzt nicht das Problem von Björn Volkmer sein, denn der medizinische DGU-Geschäftsführer Dr. Holger Borchers teilte im Rahmen eines Forums zu Hybrid-DRGs auf dem 76. DGU-Kongress in Leipzig mit, dass Prof. Volkmer nun auch Mitarbeiter der DGU geworden ist. Ein wichtiges Arbeitsgebiet sind die DRGs, für die Volkmer als Experte bekannt ist.

Ist Hybrid-DRG wie normale DRG – nur ohne Übernachtung?

In Leipzig gab Prof. Volkmer einen Überblick der urologischen Hybrid-DRGs aus der Perspektive der Krankenhäuser. Eine Befragung der urologischen Chefärzte ergab bei sehr kleinem Rücklauf dieses ökonomische Bild der Realität in Deutschland.

  • Harnleiterstein, geschienter Harnleiter, starre URS ohne Laser: Der Hybdrid-Anteil beträgt 76% der befragten Chefärzte; wirtschaftlich ergibt sich dabei ein Plus von 121,50 Euro. Die stationäre Leistung über zwei und mehr Tage erbringt 2.814,41 Euro.
  • Harnleiterstein, geschienter Harnleiter, starre URS mit Laser: 65% der Chefärzte bevorzugen in diesem Fall die Hybrid-DRG und fahren damit einen Verlust von 152,44Euro ein. Die stationäre Leistung über zwei und mehr Tage erbringt 3.588,19 Euro.
  • Nierenstein, geschienter Harnleiter, flexible URS ohne Laser: 51% der Chefärzte entscheiden sich für die Hybrid-DRG und erwirtschaften damit einen Verlust von 752,44 Euro. Die stationäre Leistung über zwei und mehr Tage erbringt 3.588,19 Euro.
  • Nierenstein, geschienter Harnleiter, flexible URS mit Laser: Der Hybrid-Anteil der Befragten beträgt 49% und ergibt einen Verlust von 1.152,44 Euro pro Fall. Die stationäre Leistung über zwei und mehr Tage erbringt 3.588,19 Euro.

„Ganz viele Kliniken geraten finanziell an ihr Limit, weil sie solche Fälle im vorauseilenden Gehorsam ambulant erbringen“, stellte Volkmer fest. Nur 11-31% der Elektivfälle mit ambulantem Potenzial seien wirklich ambulant. 38-45% bleiben für eine Nacht im Krankenhaus, und 24-51% der Patienten bleiben für zwei Nächte im Krankenhaus. Volkmers Fazit stimmte nachdenklich: „Eine URS mit Verwendung von Laserfasern oder eines flexiblen Ureterorenoskops ist als Hybrid-DRG nicht kostendeckend zu erbringen. Viele Kliniken rechnen Nierensteine, flexible URS und gleichzeitige Verwendung eines Lasers trotzdem als Hybrid-DRG ab.“ Ein Abbau der Bürokratie sei ebenso wenig ersichtlich wie eine Berücksichtigung der Kosten der Weiterbildung. „Eine sinnvolle Reglementierung zwischen ambulanten und stationären Eingriffen fehlt vollkommen. In der Urologie sind gewinnbringende Hybrid-DRG für die Krankenhäuser schwierig.“

Ambulante Operationen bringen als Hybrid-DRG mehr Ertrag als im EBM

Aus der Perspektive des niedergelassenen Vertragsarztes und ambulanten Operateurs zog Dr. Peter Kollenbach, zweiter BvDU-Vizepräsident sowie stellvertretender Vorsitzenden des Bundesverbandes der Belegärzte und Belegkrankenhäuser (BdB), ein bedeutend positiveres Fazit der Hybrid-DRGs in der Urologie. Das Ambulante Operieren im EBM bedeutet, dass Operateur und Anästhesist über das EBM-Kapitel 31 bezahlt werden. Schienen, Katheter und anderes sind Sprechstundenbedarf, der zusätzlich vergütet wird. Die Erträge aus dem Katalog Ambulantes Operieren (AOP-Katalog) finanzieren die Kosten des Operationszentrums.

„Auch im belegärztlichen Operieren arbeiten wir im EBM-Bereich. Operateur und Anästhesist rechnen direkt über das EBM-Kapitel 36 ab. Das Krankenhaus erhält die B-DRG, mit der dann OP-Kosten, Sachkosten und Pflege bezahlt werden. Die Kosten der Weiterbildung sind in den EBM-Vergütungen nicht enthalten“, erläuterte Kollenbach. Der EBM werde normativ nach dem Stand 2006 vergütet, die stationären DRGs würden jährlich angepasst.

Die Hybrid-DRG kennt nur einen Abrechner, der mit diesem Geld alles bezahlen muss, so Kollenbach. „Hier fahren jetzt zwei Systeme zusammen, die eigentlich gar nicht zusammenpassen. In der Urologie sind die ambulanten Operationen als Hybrid-DRG (§ 115 f SGB V) besser vergütet als nach dem AOP-Katalog gemäß § 115 b SGB V“, stellte Dr. Kollenbach fest. Für die ambulante Nachbetreuung sei eine Regelung mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) ausgehandelt worden. Die Entfernung der Ureterschiene erfolge über die EBM-Kapitel 26 und 31 sowie die Hybrid-DRG.

Schließlich rechnete BvDU-Vizepräsident Kollenbach die unterschiedlichen Vergütungswege am Beispiel der Ureterorenoskopie durch. Im Vergleich ergeben sich für die URS folgende Beträge:

  • Hybrid-DRG: 1.678,30 Euro
  • Belegärztliche stationäre DRG für einen Tag: 1.301,50 Euro, für zwei Tage 1.726,84Euro und für drei Tage 1.884,14 Euro.
  • Hauptabteilung mit stationärer DRG: ein Tag ergibt 1.937,64 Euro, zwei Tage 2.623,06 Euro und drei Tage 2.796,38 Euro.
  • EBM: Die ambulante Vergütung beträgt 810,31 Euro und das belegärztliche Honorar beträgt 475,33 Euro.

Zum Abschluss des Forums berichtete der Marburger Urologe Dr. Philipp Reimold über die Ergebnisse einer Umfrage nach dem Veränderungspotenzial der deutschen Urologie durch die Hybryd-DRG. Es handelte sich um eine deutschlandweite Online-Umfrage von DGU, BvDU sowie zwei Arbeitskreisen, die 364 oder 5,8% der Urologinnen und Urologen beantwortet haben. Es handelte sich um eine nicht-repräsentative Stichprobe, in der jedoch die für Hybrid-DRGs relevanten Gruppen des Fachgebietes gut repräsentiert waren.

Insgesamt wurden Hybrid-DRGs in der Urologie durchwachsen (34% positiv, 41% negativ) beurteilt. 68% erwarten keine Erleichterung des Arbeitsalltags. Gut jeder zweite Teilnehmer empfindet Hybrid-DRGs als gerecht. 70% befürchten Mehrarbeit und 60% erwarten keine bessere Patientenversorgung. Generell wird ein negativer Einfluss auf die Weiterbildung erwartet. Als geeignet für die Hybrid-DRGs sehen die Befragten Eingriffe am äußeren Genitale und die TUR-Blase an. Ein signifikantes Steigerungspotenzial haben die Teilnehmer bei der URS gesehen. Das Gros der ambulant erbrachten Hydrozelen-Resektionen wäre aus Sicht der Befragten gut über eine Hybrid-DRG abrechenbar.

Aktuell spalten die Hybrid-DRGs das Fachgebiet. Während die Krankenhäuser mit Sorge auf die neue Versorgungsform blicken, scheinen die Niedergelassenen aufgeschlossener. Bei dieser Konstellation sind neue Verteilungskämpfe in der Urologie nicht ausgeschlossen. Mehr denn je zählt nun faire Kooperation.

Es grüßt Sie herzlich

Ihr

Franz-Günter Runkel
Chefreporter UroForum

Bildquelle:© Klinikum Kassel

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