Bei Myeloproliferativen Neoplasien führen Entzündungsprozesse im Knochenmark zu lebensbedrohlichen Vernarbungen. Ein Team von der Medizinischen Universität Innsbruck und dem Universitätsklinikum Bonn (UKBonn) hat nun einen möglichen neuen Therapieansatz gefunden. Das Fachjournal Nature Communications veröffentlichte die vielversprechende Studie.
Myeloproliferative Neoplasien (MPN) sind Blutkrebserkrankungen, die durch eine Überproduktion von Blutzellen gekennzeichnet ist. Diese Erkrankungen treten in der Regel ab einem Alter von 60 Jahren auf und können über lange Zeit gut kontrolliert werden. Gefährlich werden MPN vor allem nach dem Übergang in eine Myelofibrose.
In einer Studie beschäftigten sich die Forschenden mit den Mechanismen der Entzündungsreaktion bei MPN, die zu zahlreichen klinischen Symptomen und zur Vernarbung des Knochenmarks führt. Sie untersuchten ob NLRP3, das bei Erkennung von zellulärem Stress die Bildung von Inflammasomen auslöst, die JAK2V617F-Mutante MPN bei Mäusen antreibt.
„Wir haben uns erstmalig damit beschäftigt, welche funktionelle Rolle das NLRP3-Inflammasom für die Entzündungsreaktion bei myeloproliferativen Neoplasien hat“, sagt Erstautorin Ruth-Miriam Körber vom Universitätsklinikum Bonn. Dafür werteten die Forschenden in Zusammenarbeit mit der German Study Group of MPN (GSG-MPN) eine große Anzahl von Proben aus und karierten die Entzündungsreaktionen, bevor sie anhand unterschiedlicher Techniken die Aktivierung des NLRP3-Inflammasoms nachweisen konnten.
„Wir haben eng mit Eicke Latz, dem Leiter des Deutschen Rheuma-Forschungszentrums in Berlin, kooperiert, der uns verschiedenste Tools zur Verfügung gestellt hat. Damit konnten wir zeigen, dass diese Entzündungsfaktoren wirklich in Abhängigkeit von NLRP3 produziert werden. Besonders interessant war, dass wir das NLRP3 genetisch in Knockout-Mäusen und auch mithilfe eines neuartigen und spezifischen NLRP3-inhibierenden Medikaments hemmen konnten“, spricht Dominik Wolf, Direktor der Univ.-Klinik für Innere Medizin V (Hämatologie und Onkologie) an der Medizinischen Universität Innsbruck, einen möglichen Therapieansatz an.
Dank IFM-2384, einer Substanz, die ebenfalls von Eicke Latz bereitgestellt wurde, konnte im Tiermodell eine deutliche Verbesserung erzielt werden. „Die Knochenmarksvernarbungen und auch die meistens sehr ausgeprägten Milzvergrößerungen gingen zurück. Wir konnten auch das Blutbild verbessern“, zählt Wolf auf.
„Wir zeigen in dieser Arbeit ein mögliches neues Therapiekonzept auf, das man klinisch weiterentwickeln sollte“, sagt Wolf, der gemeinsam mit Lino Teichmann, vom UKBonn, als Letzt- und korrespondierender Autor firmiert.
In einer tiefergehenden Analyse sahen die Forschenden, dass vor allem die Überproduktion der Blutplättchen infolge der NLRP3-Blockade deutlich reduziert wurde. „Das NLRP3-Inflammasom spielt eine große Rolle als Gefahrensensor. Bei akutem Stress – wie z. B. einer Infektion – wird ein Rescue-Mechanismus in unserem Körper angeworfen, in dessen Folge sehr schnell sehr viele Blutplättchen erzeugt werden“, sagt Teichmann. Gemeinsam mit Wolf beschäftigt er sich seit vielen Jahren mit der Regulation von Entzündungsprozessen bei hämatologischen Erkrankungen. „In diesem sehr komplexen Entzündungsgeschehen hat NLRP3 ganz offensichtlich große Bedeutung“, sagt Wolf.
Quelle: Pressemitteilung Medizinische Universität Innsbruck



