Bei fast allen Patienten mit Polycythaemia vera (PV) ist eine klonale Expansion von JAK2V617F-mutierten hämatopoetischen Stammzellen zu finden. Mit Ropeginterferon alfa-2b (Besremi®) kann man hier zielgerichtet therapieren. Daten der Zulassungsstudien nach mehr als sechs Jahren Nachbeobachtung wurden während der EHA-Tagung 2024 vorgestellt.
Ropeginterferon alfa-2b ist das erste zugelassene Interferon zur Behandlung der PV ohne symptomatische Splenomegalie. Seine Wirksamkeit war erforscht worden in den randomisierten, kontrollierten, offenen Phase-III-Studien PROUD-PV und seiner Nachfolgestudie CONTINUATION-PV. In diesen beiden Studien wurde das ereignisfreie Überleben (EFS) und die MR in einer frühen PV-Population bewertet, die Patienten aller Risikostufen umfasste, die neu diagnostiziert wurden und/oder nicht resistent gegen Hydroxyharnstoff waren [1].
Was die JAK2V617F-Mutation von hämatopoetischen Stammzellen betrifft, so deuten jüngste prospektive Erkenntnisse darauf hin, dass die Verringerung der JAK2V617F-Allel-Belastung ein wichtiges Ziel der PV-Behandlung sein könnte und den Krankheitsverlauf modifizieren kann. Offenbar korreliert auch das molekulare Ansprechen (MR) mit einem verlängerten ereignisfreien und Gesamtüberleben bei Hochrisikopatienten mit Hydroxyharnstoffresistenz/-intoleranz [2].
Die Studien PROUD-PV und CONTINUATION-PV
Im Rahmen der der Phase-III-Studie PROUD-PV wurden Patienten mit PV, die weder mit Zytoreduktion noch mit Hydroxyharnstoff behandelt worden waren, im Verhältnis 1:1 auf Ropeginterferon alfa-2b oder eine Kontrollbehandlung mit Hydroxyharnstoff randomisiert. Nach einem Jahr wurden die Patienten in die CONTINUATION-PV überführt und hier weitere fünf Jahre oder mehr entweder mit Ropeginterferon oder mit der besten verfügbaren Behandlung (BAT) therapiert. Die Beziehung zwischen EFS (Risikoereignisse definiert als thromboembolische Ereignisse, Fortschreiten zu Myelofibrose oder akuter myeloischer Leukämie oder Tod) und MR (ELN-Kriterien) bei der letzten verfügbaren Bewertung wurde durch Kaplan-Meier-Analyse bestimmt. Außerdem wurde der Zusammenhang zwischen der JAK2V617F-Allel-Belastung und dem Risiko von Ereignissen untersucht.
JAK2V617F-Depletion und molekulares Ansprechen sind wichtig
Insgesamt wurden 169 Patienten analysiert: 95 erhielten Ropeginterferon alfa-2b und 74 HU/BAT. Risikoereignisse traten bei 5 Patienten in der Ropeginterferon alfa-2b-Gruppe und bei 12 Patienten in der HU/BAT-Gruppe auf. Die Analyse der gesamten Kohorte zeigte, dass die Ereignis-freie Überlebenszeit (EFS) bei den Patienten mit molekularem Ansprechen signifikant verlängert war (EFS MR vs. EFS nicht MR HR = 0,24 [95%-KI: 0,07–0,83]; p = 0,02). Der Anteil der Patienten, bei denen Risikoereignisse auftraten, betrug 3 % bei den Patienten mit MR verglichen mit 14 % bei den Patienten ohne MR. Außerdem zeigte sich, dass die mit Ropeginterferon alfa-2b behandelten Patienten deutlich mehr Zeit in der MR verbrachten als die Patienten in der Kontrollgruppe (medianer kumulativer Anteil der Zeit in MR: 66,7 % gegenüber 8,4 %; p = 0,01), was die höhere Wahrscheinlichkeit des Überlebens im Ropeginterferon alfa-2b-Arm im Vergleich zum BAT/HU-Arm bestätigt.
Somit kann mit Ropeginterferon alfa-2b bei Patienten mit PV im Frühstadium ein MR, eine Depletion von JAK2V617F-mutierten Zellen und eine Verlängerung des ereignisfreien Überlebens erreicht werden.
Dr. Annette Junker
Literatur:
- Gisslinger H et al. Event-free survival in patients with polycythemia vera treated with ropeginterferon alfa-2b versus best available treatment. Leukemia 2023; 37(10): 2129–32
- Harrison CN et al. Ruxolitinib Versus Best Available Therapy for Polycythemia Vera Intolerant or Resistant to Hydroxycarbamide in a Randomized Trial. J Clin Oncol 2023; 41(19): 3534–44
Quelle: Kiladjian JJ et al. JAK2V617F molecular response correlates with event-free survival in an early polycythemia vera population. EHA congress 2024, oral presentation and abstract S219
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