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Selbstwirksamkeit, Krankheitsakzeptanz und Resilienz

Dr. Lea Höfel im Interview am KKJ 2025

Quelle: mgo fachverlage GmbH & Co. KG

Selbstwirksamkeit, Krankheitsakzeptanz und Resilienz

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mgo medizin Redaktion

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5 MIN

Erschienen in: pädiatrische praxis

Chronisch kranke Kinder und Jugendliche stärken

Dr. Lea Höfel, Leiterin des Zentrums für Schmerztherapie junger Menschen an der Kinderklinik Garmisch-Partenkirchen, widmete sich in ihrem Vortrag am KKJ 2025 in Leipzig dem Thema »Chronische Erkrankungen und Krankheitsakzeptanz – wie kann ich die Selbstwirksamkeit stärken?«. Im Gespräch erläutert Dr. Höfel für uns die Kernpunkte ihres Vortrags: Wie geht man mit einer chronischen Erkrankung um? Was bedeuten Begriffe wie Krankheitsakzeptanz, Resilienz und Selbstwirksamkeit?


Selbstwirksamkeit ist laut Dr. Höfel die Überzeugung des betroffenen Kindes oder Jugendlichen, selbst etwas beitragen zu können. Das bedeutet nicht, viele Strategien zu haben, sondern davon überzeugt zu sein, dass man etwas verändern kann. »Und das können wir als Therapeuten, Ärztinnen, Psychologinnen, als ganzes Team auch fördern«, betont Dr. Höfel.


Eltern tragen viel dazu bei, die Selbstwirksamkeit zu stärken. Das beginne bereits bei kleinen Kindern damit, das Kind darin zu bestärken, »dass es Dinge auch selbst in die Hand nehmen kann, dass es selbst was beeinflussen kann«. Eltern sollen für ihr Kind da sein, die Erkrankung, die Emotionen und Gefühle ernst nehmen und gleichzeitig aber auch dabei unterstützen, selbst für sich was zu tun, so Höfel. Das gehe über Kommunikation: »Allein der Satz: ›Du schaffst das, du kannst das‹, hilft schon sehr viel.«

Im Praxisalltag gibt es Unterschiede zwischen den Altersgruppen. Bei sehr kleinen Kindern gilt laut Dr. Höfel: bestärken, unterstützen, für das Kind da sein, erkennen, ob es Schmerzen hat. Wenn das Kind älter wird, könne man die Erkrankung spielerisch erklären. Geschichten und Fantasie helfen dabei, dass das Kind sie besser versteht. Jugendliche können logisch und abstrakt denken, sie wollen einbezogen werden in die Therapieplanung und in hilfreiche Strategien im Alltag. In der Praxis geht es dann immer mehr darum, die Jugendlichen mitentscheiden zu lassen und alles gut zu erklären, so Höfel.


Krankheitsakzeptanz ist die letzte Stufe der Krankheitsbewältigung. Dr. Höfel betont: Das heiße nicht, aufzugeben, sondern vielmehr, die Erkrankung als momentanen Teil des eigenen Lebens anzunehmen.


Der Begriff »Resilienz« bedeutet laut Dr. Höfel, mit widrigen Umständen umgehen zu können, aus ihnen zu lernen und dadurch sogar eine Stärke im Leben zu entwickeln. Dies gelte für chronische Erkrankungen und chronische Schmerzen genauso wie für das Leben allgemein. Eine bedeutende Rolle spielen hierbei einerseits die Eltern und die Therapeutinnen und Therapeuten, andererseits auch die Persönlichkeit des Kindes selbst. Die Resilienz zu stärken kann auch ein Therapieziel sein. Dabei gilt es, dem Kind zu zeigen, was es daraus für sich selbst mitnehmen und nutzen oder sogar weitergeben kann.


Nicht nur das Ziel am Ende zählt, hilfreich sind laut Dr. Höfel kleine Zwischenziele , da auch diese bereits einen Erfolg darstellen. Das alles sind Wege hin zur Resilienz, zu sich selbst, dazu, sich selbstwirksam zu fühlen und die Überzeugung zu haben »Ich kann das!«. Und oft zeige sich in der Praxis, dass die Kinder und Jugendlichen dann auf einmal auch andere anleiten und dass sie selbst neue Hobbys gefunden haben. Eine häufige Rückmeldung von Jugendlichen ist laut Dr. Höfel auch: »Ich nehme jetzt nicht mehr alles für selbstverständlich hin, sondern kann auch die schönen Momente mehr schätzen.« In der Praxis heißt es also: unterstützen, erklären, hilfreiche Tipps geben und dann aber auch »machen lassen«.

Praxisbeispiel: Jugendlicher mit chronischen Schmerzen

Wie sich die Zusammenhänge in der Praxis darstellen, erklärt Dr. Höfel an einem Beispiel: Vor der Krankheitsakzeptanz stehen Phasen von Verleugnung, Trauer, Wut – diese sind ganz normal. In Anfangsphasen von Schock oder Verleugnung ist am wichtigsten, einfach für den Jugendlichen da zu sein, zuzuhören, ihn anzunehmen. Für Erklärungen ist dies noch nicht der geeignete Zeitpunkt. In späteren Phasen geht die Entwicklung Richtung Akzeptanz. In diesem Zeitraum sind dann Erläuterungen und Strategien gefordert: Bei chronischen Schmerzen erklärt man etwa den Unterschied zwischen akuten Schmerzen als Warnsignal und chronischen Schmerzen, die die Warnfunktion verloren haben. Für die Selbstwirksamkeit ist es wichtig, dem Jugendlichen konkrete Strategien an die Hand zu geben, die ihm liegen, zu fragen: »Was passt zu dir?«, und nicht alles für den Jugendlichen zu tun, sondern zu sagen: »Schau doch mal, du kannst das selbst.« Schließlich kommt es zur Akzeptanz, bei der der Jugendliche die chronischen Schmerzen als Teil des Lebens momentan annimmt.

Text: Angelika Schwerer, erschienen in der Sonderausgabe der pädiatrischen praxis 2025

Vortrag von Dr. Lea Höfel: »Chronische Erkrankung und Krankheitsakzeptanz – wie kann ich die Selbstwirksamkeit stärken?« in der Session: »Chronische Schmerzen – ist das eine chronische Erkrankung oder ein psychischer Zustand?« auf dem KKJ 2025 in Leipzig, 27.09.2025.

Das Interview können Sie hier ansehen.

Mehr Interviews finden Sie auf dem YouTube-Kanal von mgo medizin.

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