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Studie: Chronische Schmerzen und Schmerzmittel in Kindheit und Langzeiteffekte

Teenager mit Pillendose in der Hand

Studie: Chronische Schmerzen und Schmerzmittel in Kindheit und Langzeiteffekte

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mgo medizin

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4 MIN

Erschienen in: pädiatrische praxis

Eine retrospektive longitudinale Kohortenstudie hat chronische Schmerzen oder Schmerzmittelgebrauch unter Kindern und Jugendlichen und seinen Langzeiteffekt auf Substanzmissbrauch, psychische Erkrankungen und Verschreibung von Opioiden untersucht. Die Studie legt nahe, dass wiederholte Schmerzmittelverordnungen in jungen Jahren zu einem höheren Risiko für Substanzmissbrauch im späteren Leben führen.

Die WHO deklariert chronischen Schmerz bei Kindern und jungen Erwachsenen als ein bedeutsames globales Gesundheitsproblem. Epidemiologischen Studien zufolge sind etwa 30 % dieser Bevölkerungsgruppe davon betroffen. Der Einfluss von chronischem Schmerz in der Kindheit auf die spätere Entwicklung und Gesundheit ist bisher kaum Gegenstand von Studien. Die aktuelle Datenlage weist darauf hin, dass die Verordnung von Opioiden in jungen Jahren Substanzmittelabusus im späteren Leben begünstigt. Somit könnten sowohl Schmerzen als auch deren medikamentöse Therapie nachteilige Effekte bewirken.

Retrospektive Kohortenstudie in Großbritannien

In einer in The Lancet Regional Health-Europe veröffentlichten retrospektiven Kohortenstudie untersuchten Lambarth et al. die Häufigkeit von chronischem Schmerzmittelgebrauch in der pädiatrischen Population basierend auf den Aufzeichnungen von 500 Primärversorgungspraxen in Großbritannien. Eine weitere Forschungsfrage war, ob chronische Schmerzen und/oder Schmerzmittelgebrauch in jungen Jahren mit Substanzmissbrauch, Verschreibung von Opioiden oder psychischen Gesundheitsproblemen im Erwachsenenalter assoziiert sind.

Die Forschenden analysierten anonymisierte elektronische Gesundheitsdaten von 853.625 Personen zwischen 2 und 24 Jahren, wovon 146.431 Individuen entweder die Kriterien einer »Diagnose assoziiert mit chronischem Schmerz« (115.101), wiederholte Schmerzmittelverschreibung (20.298) oder beides (11.032) aufwiesen. Dem gegenüber stand die Vergleichsgruppe von 707.194 Kindern und jungen Erwachsenen, die diese Kriterien nicht aufwiesen. Alle Individuen dieser Kohorte hatten das 25. Lebensjahr entweder im Jahr 2001 oder danach erreicht. Das mediane Follow-up betrug 5,1 Jahre (Interquartilsabstand [IQR] 2,6–9,0) ab dem 25. Lebensjahr. Für Ergebnisse betreffend psychische Gesundheit und Substanzmissbrauch wurde die Hazard Ratio (HR), für Effekte auf die Verordnung von Opioiden im Erwachsenenalter die Risk Ratio (RR) berechnet.

Höheres Risiko für negative Langzeiteffekte

Während der Folgeuntersuchung zeigte sich für die gepoolte Gruppe aus Personen mit chronischem Schmerz und/oder wiederholter Schmerzmittelverschreibung ein 31 % bzw. 17 % höheres Risiko für negative Auswirkungen auf die psychische Gesundheit und Substanzmissbrauch (angepasste HR [95 %-KI] 1,31 [1,29–1,32] und 1,17 [1,11–1,24]). Auch wurden diesen Menschen doppelt so viele Opioide verschrieben verglichen mit der Kontrollgruppe (angepasste RR 2,01 [95 %-KI 1,95–2,10]). In den Subgruppen mit Analgetikaverordnung war das Risiko von Substanzmissbrauch erhöht (Gruppe »Schmerzmittelverschreibung«: 1,81 [95 %-KI 1,62–2,01], Gruppe »chronischer Schmerz und Schmerzmittelverschreibung«: 1,82 [95 %-KI 1,57–2,11]), nicht jedoch bei Individuen mit dem ausschließlichen Kriterium »diagnostizierter chronischer Schmerz« (HR 0,97 [95 %-KI 0,91–1,04]). Bei Personen, die wiederholt Schmerzmittel ohne dokumentierten chronischen Schmerz verordnet bekamen, fand sich eine Überrepräsentation der Diagnosen geistige Behinderung oder Autismus-Spektrum-Störung.

Wesentliche Stärken der Studie waren eine große Stichprobe, die Korrekturen für mehrere Kovariaten sowie die Robustheit der Ergebnisse in Sensitivitätsanalysen. Eine Limitation ergab sich aus der Analyse von Aufzeichnungen über die Verschreibung von Medikamenten, welche nicht unbedingt mit der Einnahme gleichzusetzen sind. Des Weiteren war die Ereignisrate für Folgen des Substanzmissbrauchs gering, welche wahrscheinlich unterschätzt oder oft nicht erfasst wurden.

Fazit für die Praxis

Die Autorinnen und Autoren der Studie schlussfolgern, dass nicht nur chronischer Schmerz, sondern auch ein übermäßiger Einsatz von Schmerzmitteln bei jungen Menschen zu lebenslangen nachteiligen Effekten auf die Gesundheit führen kann. Eine wiederholte Verschreibung von Schmerzmitteln in dieser Altersgruppe fördert möglicherweise die Entstehung von psychischen Problemen und begünstigt Opioidverschreibungen und Substanzmissbrauch im Erwachsenenalter. Daher kommt einem effektiven Schmerzmanagement bei Behandlung von chronischen Schmerzen in jungen Jahren eine große Bedeutung zu. Im klinischen Alltag sollte eine Schmerzchronifizierung frühzeitig erkannt, Schmerzspezialistinnen und Schmerzspezialisten hinzugezogen und auch nichtpharmakologische Alternativen erwogen werden.

Originalpublikation der Studie: Lambarth A, Katsoulis M, Ju C, Warwick A, Takhar R, Dale C, et al. Prevalence of chronic pain or analgesic use in children and young people and its long-term impact on substance misuse, mental illness, and prescription opioid use: a retrospective longitudinal cohort study. Lancet Reg Health Eur 2023; 15: 35:100763. DOI: https://doi.org/10.1016/j.lanepe.2023.100763

Link zur Studie: https://www.thelancet.com/journals/lanepe/article/PIIS2666-7762(23)00182-5/fulltext

Autorin: Dr. med. Charlotte Gröschel, PhD

Bilderquelle: © Elnur – stock.adobe.com; Symbolbild

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